Der Regisseur und Fotograf setzt die Stars in Szene.

Der Regisseur und Fotograf setzt die Stars in Szene

DER HOLLÄNDER, DER MIT SEINEN FOTOS UND VIDEOCLIPS DAS IMAGE VON BANDS, WIE U2 UND DEPECHE MODE, MITGEPRÄGT HAT UND SEIT SEINEM ERSTLING „CONTROL“ UND DEM THRILLER „THE AMERICAN“ MIT GEORGE CLOONEY AUCH EIN ANERKANNTER KINO-REGISSEUR IST, BELEUCHTET MIT SEINEM NEUEN FILM „LIFE“ DIE BEZIEHUNG ZWISCHEN JAMES DEAN UND DEM FOTOGRAFEN, DER DAS BERÜHMTESTE BILD VON IHM MACHTE.

Wie sind Sie auf die Geschichte des jungen Magnum-Fotografen Dennis Stock und James Dean, von dem er das legendäre Times-Square-Foto gemacht hat, gestossen?

Ich glaube, das war 2013, während des Schnitts von „A Most Wanted Man“. Das Drehbuch war fast fertig und ich mochte die Idee, eine Geschichte über einen Fotografen zu erzählen, der jemanden im Rampenlicht fotografiert. Wie Sie wissen, habe ich dies während eines grossen Teils meines Lebens ebenfalls gemacht. Ich konnte mich also sehr gut in ihn hineinversetzen.

Welche Aspekte dieser Beziehung haben Sie am meisten interessiert?

Wir thematisieren die delikate Balance zwischen Fotograf und Objekt, speziell auf ihrem Level: Dean ist noch kein grosser Name und spielt mit Stock ein bisschen ein Spiel. Der aufstrebende Fotograf denkt, er sei ebenso wichtig wie sein Objekt. Es gibt im Film eine Szene, in der er Dean davon zu überzeugen versucht, dass sie gegenseitig voneinander profitieren können. Stock sagt: „Weisst du, ich will dir helfen.“. Dean antwortet: „Nein, ich helfe dir.“ Als ich jung war, dachte ich auch, dass der Fotograf wichtig ist. Ich folgte in den siebziger Jahren dem holländischen Musiker Herman Brood. Er war so etwas wie meine Muse und ich dachte mir, dass wir gleich wichtig wären. Das ist natürlich eine falsche Annahme, aber ich war noch zu unerfahren, um dies zu verstehen.

Haben Sie realisiert, dass Ihnen etwas Magisches gelungen war, als Sie Ihre Fotos gemacht haben, die heute fast jeder kennt?

Ich denke, dass man in der Regel während des Fotografierens nicht weiss, dass man gerade Bilder gemacht hat, die sehr bekannt werden. Das Foto, auf dem Dean im Regen mit hochgestelltem Mantelkragen und Zigarette im Mundwinkel über den Times Square geht, wurde zu einem ikonografischen Bild. Als der Produzent von „Life“ wollte, dass ich die Szene als grossen Moment für den Fotografen darstelle, musste ich sagen: „Nein, du weisst in dieser Situation nicht, wie erfolgreich das Bild wird. Du denkst nicht „Heureka!“. Und Stock ahnte nicht, dass die wenigen Fotos, die es von Dean gab, bald anders und genauer angeschaut werden sollten, weil der Schauspieler tödlich verunfallen würde.“ Als ich mit Miles Davis, David Bowie oder U2 meine vielleicht bekanntesten Fotos machte, hatte ich auch keine Ahnung, dass diese Bilder einen höheren Stellenwert bekommen würden. Manchmal denke ich, dass es ein spezieller Moment ist, bin jedoch unsicher, ob das Bild ihn auch wiedergeben kann.

Durch Ihre Arbeit hinter der Kamera sind Sie selbst zum Star geworden. Wie wohl fühlen Sie sich in dieser Rolle?

Solange ich nicht darüber nachdenke, geht es mir gut! (lacht) Ich möchte einfach nicht, dass mir dies bei meiner Arbeit in die Quere kommt. Das Positive daran ist sicher, dass ich dank meiner Bekanntheit einfacher Zugang zu Menschen habe, mit denen ich zusammenarbeiten möchte, und sich Projekte einfacher realisieren lassen. Wenn Kameras auf mich gerichtet sind und der Fokus auf mir liegt, fühle ich mich allerdings weniger wohl. Im Filmbusiness lässt sich das jedoch nicht vermeiden, dass du im Rampenlicht stehst. Es ist eine Industrie, die ausquetscht, was du machst, damit die Leute ins Kino gehen. In der Fotografie kannst du anonymer bleiben, weil es keine wirkliche Industrie ist.

Sind Sie nur in Zürich, um Ihren neuen Film zu präsentieren, oder haben Sie eine besondere Beziehung zur Schweiz?

Das Zurich Film Festival ist eine ideale Plattform, um „Life“ vorzustellen. Ich besuche   Zürich jedoch auch sonst gerne, weil es für mich die spannendste Stadt der Schweiz ist. Ich war vor allem in den achtziger Jahren oft hier, als ich mit Yello gearbeitet habe. Heute sehe ich Dieter [Meier] öfter in irgendeinem Hotel dieser Welt! (lacht)

Wofür sind Sie demnächst unterwegs?

Nächstes Jahr drehe ich einen Film für Lionsgate und am 7. November eröffne ich meine Foto-Ausstellung in Berlin.

Wird sie auch in der Schweiz zu sehen sein?

Vielleicht, falls es einen passenden Raum dafür gibt. Es ist eine grosse Retrospektive, weil ich mich in der nächsten Zeit auf das Filmen konzentrieren will. Es ist für mich eine Art Abschied von der Fotografie, wie ich sie in den letzten 40 Jahren betrieben habe. Filme zu machen erfordert so viel Zeit und Energie, dass es unmöglich ist, daneben mit derselben Intensität zu fotografieren.

„Life“

(Regie: Anton Corbijn, mit Robert Pattison und Dane DeHaan),  jetzt im Kino!
7.11.2015 bis 31.1.2016
Anton Corbijn Retrospektive,
C/O Berlin Foundation, Amerika Haus