Das Leben bedeutet ständige Veränderung!
Mein Dosenöffner Adam und ich kennen uns nun auch schon ein paar Jährchen, sind gemeinsam durch Höhen und Tiefen gegangen und mittlerweile hat er sich wohl daran gewöhnt, dass ich die Oberhand bzw. das Sagen habe. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass er ohne mich aufgeschmissen wäre. Seit 10 Jahren leben wir in unserer schicken Upperclass- Villa, treiben Sport, ernähren uns gesund, von ein paar Exzessen abgesehen, und geniessen das Leben in vollen Zügen. Eigentlich ist mein Leben perfekt.
Es ist Samstagnachmittag, der Frühling bringt die Natur gerade zum Explodieren und ich sitze mit einem gepflegten Espresso Macchiato und einer Cremeschnitte aus der Lieblingskonditorei auf der Terrasse und blicke verträumt in unseren stylischen Garten. Zwischen gepflegten Rabatten, dem perfektesten englischen Rasen, der in unseren Breitengraden möglich ist, akkurat getrimmten Hecken und uraltem Baumbestand, dem Pool und der Heaven-Swing bleibt für Gartenliebhaber wirklich kein Wunsch offen. Möchte man glauben, denn irgendwie hat sich eine sanfte Schwermut oder Sentimentalität wie ein dunkles Tuch über mein Gemüt gelegt.
Rundherum die üppig wachsende Vegetation und mittendrin ich, ein Kater mittleren Alters, der faul auf der Terrasse flätzt und den Sinn des momentanen Lebensabschnitts zu ergründen versucht.
Mein Blick schweift in die Tiefe des grünen Paradieses, dort wo Schatten die Sonnenstrahlen schlucken und sich eine Unschärfe im Zwielicht breit gemacht hat.
Fast nicht erkennbar tritt die gewaltige Steinmauer, die unser Paradies vor neugierigen Blicken und bösen Buben schützt, in mein Bewusstsein. Ich konzentriere mich, von Zeit zu Zeit sehe ich die rote Diode der Alarmanlage aufleuchten, die mir zeigt, dass alles in Ordnung ist.
In Ordnung? Ist es das wirklich? Welche Unruhe, was für ein Bitterton hat sich da unerwartet in mein Leben geschlichen.
Mein Schwanz schlägt unruhig auf die Mahagoni-Terrassenbretter. Die Spannung ist schier unerträglich, meine sensible Nase nimmt einen ihr fremden, Duft wahr. Die Nackenhaare sträuben sich spontan.
Wie ein Tiger im Käfig schleiche ich, angespannt wie ein Bogen, auf der Terrasse hin und her und blicke mich nach imaginären Feinden um. Kein Vogelgezwitscher zu hören, nur weit entferntes Donnern kündigt ein Frühlingsgewitter an – ansonsten Stille. Ich wähne mich im Auge des Tornados.
Plötzlich höre ich einen gequälten, langgezogenen Schrei. Es dauert ein paar Sekunden, bis ich realisiere, dass er aus meiner eigenen Kehle entwichen ist!
Mein Körper reagiert, ein Satz und ich bin im Garten, schleiche wie eine Raubkatze an Luxusschaukel und Blutbuche vorbei in die weiten Tiefen des Gartens, bis ich die Ziegelmauer erreiche. Was ist nur mit mir, was lässt mich Dinge tun und fühlen, die mich dermassen beunruhigen.
Ein Satz und ich bin auf der Mauer, lächle in mich hinein. Na das funktioniert jedenfalls noch ganz gut. Ich schüttle mich, setze mich majestätisch und beginne hingebungsvoll, mein Fell zu lecken.
Plötzlich registrieren meine Augen eine Bewegung in dem tiefsatten Grün jenseits der Mauer. Ich erstarre, meine Ohren spitzen sich, ich suche konzentriert die Wildnis ab und blicke plötzlich in zwei riesige, wunderschöne Katzenaugen.

Die Wildnis ruft! Ist das die Antwort auf meine Nervosität und dieses unsäglich miese Gefühl von Langeweile und Unerfülltheit. Kurz tritt die Schöne aus dem Zwielicht, blinzelt mir verführerisch zu und ist auch schon wieder verschwunden.
Ich bin baff. Wie kann mich der Anblick einer, zugegebenermassen sehr attraktiven, Kätzin nur so aus der Bahn werfen?
Mein innerer Kampf zerreisst mich fast, als ich sie rufen höre – Miaooouuuu!!!
Was nun? Soll ich mein bequemes Leben mit meinem Dosenöffner, Luxus-Lieferservice, gepflegten Urlauben und weichen Betten aufgeben?
Ich überlege kurz – aber was ist mit meiner Arbeit, die immer meine Erfüllung war? Die Zeiten sind schwierig, was wird aus all dem hart erarbeiteten, wenn ich mich nicht kümmere und was wird aus Adam?
Miaooouuuu!!!
Wer weiss, was die Zukunft für uns bringt. Arbeit gibt es überall und ein paar Tage wird Adam auch ohne mich aushalten.
Miaooouuuu!!!
Und weg bin ich!
Copyright Illustration: Manuela Dona







































































