Als Showdesigner und Creative Director hat Roger Staub in Los Angeles für Stars wie Beyoncé, Puff Daddy, Jay-Z oder Eminem gearbeitet. Aktuell macht er mit dem legendären Format «MTV Unplugged» für Musiker Stress wieder von sich reden.
Aufgewachsen ist Roger Staub in Thayngen bei Schaffhausen. Schon früh stand der gelernte Typograf auf der Theaterbühne, war Bassist in verschiedenen Bands, kreierte Projekte im Bereich Bühnengestaltung und entschied sich, 2006 nach Los Angeles zu ziehen. Der Erfolg liess nicht lange auf sich warten: Mit seinem Video Content Design und Set Design kreierte der Creative Director die gigantischen Bühnenshows von Superstars wie Beyoncé, Jay-Z, Maroon5, Duke Dumont oder auch Def Leppard. Seit 2018 ist Roger Staub wieder zurück in Zürich, wo er seine Branding-Agentur LoF* gründete und kürzlich zum Mitglied des Art Directors Club gewählt wurde. Für den Musiker Stress realisierte er nun die «MTV Unplugged»-Session, die im Juni im Zürcher Schiffbau aufgezeichnet wurde und als Konzertfilm und Album im November herauskommt.
Roger, kommen wir gleich auf einen deiner jüngeren Coups zu sprechen. Du hast im Sommer für den Musiker Stress die «MTV Unplugged»-Session im Schiffbau orchestriert und umgesetzt … Was ist das Besondere an diesem Format?
«MTV Unplugged» heisst, dass Songs «unverstärkt» in akustischer Form aufgeführt werden. Ein legendäres Format, das seinen Peak in den 1990er- und 2000er-Jahren mit Konzerten von Björk oder auch Nirvana hatte. Nach Patent Ochsner ist Stress erst der zweite Schweizer Künstler, dem diese Ehre zu Teil wird. In der Biografie eines Künstlers ist das ein Meilenstein, ein Ritterschlag.
Ein paar Worte zu eurer Zusammenarbeit ...
Ich habe Stress über ein anderes Projekt im letzten Jahr kennengelernt und als die Anfrage von «MTV Unplugged» kam, hat er mich gefragt, ob ich interessiert wäre, mich hier zu involvieren. Der rote Faden ist die Lebensgeschichte von Andres Andrekson alias Stress. Die Stücke wurden dazu neu arrangiert und die Geschichten dazu szenografisch umgesetzt. Als mit dem Schiffbau der Spielort feststand, habe ich die ersten Renderings für die Bühnensituationen entworfen. Wo sitzt die zehnköpfige Band, das Kammerorchester oder das Publikum. Ich wollte auch, dass es keine Konzertbühne im herkömmlichen Sinne wird, sondern ein Theaterset mit statischem Licht und bedrucktem Back Drop, also die klassischen Theatermittel, die man einsetzt.
Die Liebe zur Bühnengestaltung von Liveshows haben dich 2006 nach Los Angeles geführt. Ein mutiger Schritt …
Vielleicht ist es rückwirkend mutig gewesen, für mich war es damals aber die folgerichtige Entscheidung. Es war für mich befreiend, auf so viele Gleichgesinnte zu treffen und ich habe mich in diesen Grossprojekten gleich wohlgefühlt. In der Schweiz ist man im Bereich Live-Entertainment doch schon eher der Exot, in LA sind alle irgendwie mit dem Entertainment verbunden.
Man kennt dich als ruhigen und eher zurückhaltenden Menschen – Attribute, die man weniger mit Hollywood verbindet. Hast du etwas von dem amerikanischen Mindset in die Schweiz mitgebracht?
Die Grösse vom Denken habe ich sicher mitgenommen. Was ich lernen musste, war auch, die Schweizer Zurückhaltung etwas abzulegen. Aber schlussendlich sind es Charaktereigenschaften, die man nicht einfach so umstülpen kann. Es geht auch darum, authentisch zu bleiben.
Betrachtet man deine Karriere, so ist dein Schaffen sehr stark auf den Musikbereich ausgerichtet …
Musik ist eine wichtige Konstante in meinem Leben. Ich habe Klavier gelernt, in der ersten Band Bass gespielt und vor 10 Jahren mit dem Schlagzeugspielen angefangen. Ich habe ein musikalisches Verständnis, welches mir ermöglicht, die Musik in eine Bildwelt zu übersetzen und mein gestalterisches Verständnis sagt mir, ob der Song eher «Gelb» oder «Blau» ist. Es geht darum zu verstehen, was musikalisch vor sich geht und wie dann die visuelle Repräsentation davon ist.
Was würdest du als deine innere Triebfeder, deinen Inspirationsquelle bezeichnen?
Am Ende muss das Konzept vor allem die Persönlichkeit und die Vision der KünstlerInnen widerspiegeln. Die Hauptinspiration finde ich oft in der Kunst und ihren Stimmungen, in ihrer Materialität oder auch in Installationen. Es geht für mich darum, diese Stimmung mit anderen Mitteln auf die Bühnensituation zu übersetzen. Aber auch Film Stills inspirieren mich oft. Ich versuche, Stimmungen zu rekreieren und finde es spannend, wie man mit kleinen Interventionen ganz verschiedene Raumstimmungen hinbekommt.
Im letzten Jahr hast du deine Agentur LoF* gegründet, mit der ihr euch stark auf Brand Experience und Brand Exploration fokussiert. Ist Experience das Zauberwort unserer Zeit?
Ich glaube schon. Experience ist ein grosses Anliegen von Brands. Es geht heute viel weniger um ein CI/CD-Manual, sondern darum, wie man eine Marke erlebt. Es geht um das Gestalten von Erlebnisräumen.
Ist also der Funke des Erlebens von der Bühne auf die unternehmerische Welt übergesprungen?
Definitiv. Zuerst ist es von der Kunst auf die Konzertbühnen geschwappt. Heute gibt es viele Bands, die mit einer Art Installation auf der Bühne sind. Es geht oft nicht mehr nur um den Gigantismus grosser Leinwände, sondern darum, ganze Räume zu schaffen. Das ist ein Trend, dem auch heute Brands folgen. Fashion Shows zum Beispiel sind Megainstallationen und Brand Experience par excellence. Experience ist das Mittel, um Werte zu kommunizieren und erlebbar zu machen.
Roger, zum Abschluss: What’s next?
Ich freue mich auf den Release des Albums! Nun geht es auch darum, das «MTV Unplugged» Tournee-tauglich zu machen für die Roadshow, die am 9. März 2024 startet.
Photos Copyrights: G M D THREE, Roger Staub, Nicole Rötheli, Tabea Hüberli, Roger Staub