DER VOR KNAPP 100 JAHREN GEGRÜNDETEN LUXUSMARKE BENTLEY WACHSEN SEIT DER ÜBERNAHME DURCH DEN VOLKSWAGEN-KONZERN IMMER KRAFTVOLLERE FLÜGEL. IM VERGANGENEN JAHR WURDEN IM NORDENGLISCHEN CREWE ERSTMALS ÜBER 11,000 EXEMPLARE DES «SILENT SPORTS CARS» HERGESTELLT. ADAM INTERVIEWTE BENTLEY-KENNER RICHARD CHARLESWORTH.

Mr. Charlesworth, in welcher Hinsicht verlieh Ihnen 
Bentley Flügel?

Ich hatte das Glück, über 40 Jahre für eine Firma zu arbeiten, die das Auto baut, das ich liebe. Ausserdem habe ich es genossen, auf meinem beruflichen Weg viele interessante Menschen kennenzulernen, ob das nun Kunden, Mitarbeiter oder Medienleute waren.

Wie ist Bentley in Ihr Leben getreten?

Ich bin in Crewe aufgewachsen. Meine Eltern waren Farmer und wir sahen die Fabrik, in der damals noch Bentley und Rolls Royce gebaut wurden, wenn wir übers Feld blickten. So ging ich zu unseren Nachbarn, klopfte an die Türe und fragte, ob sie nicht einen Job für mich hätten und konnte in der Verkaufs- und Marketing -Abteilung beginnen.

Wie kamen Bentley und Rolls Royce 1931 unter ein Dach?

Die Ingenieure Bentley und Royce sammelten ihre ersten Erfahrungen beide bei der Eisenbahn und liessen sie später in die Konstruktion ihrer Autos einfliessen. Sie setzten auf grossvolumige Motoren, die bei niedrigen Drehzahlen maximale Leistung bringen. Bentley baute zwar sehr gute, sportliche Autos, hatte jedoch wirtschaftliche Probleme, was Royce erlaubte, sich den gefährlichen Konkurrenten einzuverleiben.

Weshalb wurden diese urbritischen Marken 1998 von deutschen Konzernen übernommen?

Weil Rolls Royce und Bentley technologisch gegenüber den Mitstreitern in der Luxusklasse immer weiter zurückfielen und die Mittel fehlten, um genügend in die Forschung investieren zu können, musste der britische Konzern Vickers seine Aktien verkaufen.
VW gewann das Wettbieten gegen BMW, das sich jedoch die Rechte am Namen Rolls Royce sichern konnte.

War von Anfang an klar, dass Bentley im nordenglischen 
Crewe bleiben würde?

Natürlich fürchtete die Belegschaft, VW könnte die Produktion nach Deutschland verlegen, doch schon zwei Tage nach dem Deal kam der damalige Vorstandsvorsitzende Dr. Piëch ins Werk und versicherte: «Wir haben Bentley gekauft, weil wir lieben, was Sie tun. Wir haben grossen Respekt vor Ihrem Handwerk. Es gibt Dinge, die wir gar nicht verbessern können, andere schon. Dort wollen wir Ihnen helfen und damit das neue Juwel in der Krone von VW aufpolieren.»

Wie hat er das gemacht?

Zwei Monate später hat VW 500 Millionen Pfund aufgeboten, um das Werk zu modernisieren und ein neues Modell, den
Continental GT, mitentwickeln zu lassen. Ein heutiger 
Bentley brilliert aber nicht nur mit modernster Technik, er hat selbst in Sachen Luxus zugelegt. So wird doppelt so viel Holz verbaut wie in den 70er-Jahren.

Bentley ist sogar zum Dienstwagen von Queen Elisabeth II. avanciert. Weshalb?

Als ihr Vater, George VI., König war, fuhren die Royals noch Daimler. Dann erhielt sie 1947 einen Phantom IV als Hochzeitsgeschenk. So wurde Rolls Royce zur offiziellen Staatskarosse. Da 2002 schon feststand, dass in Crewe bald nur noch Bentleys gebaut würden, schenkte man ihr zum goldenen Thronjubiläum erstmals ein solches Fabrikat. Die ganz königliche Familie ist inzwischen beruflich wie privat im Bentley unterwegs.

Auch der «grüne» Prince Charles?

Ja, da er sich für den Umweltschutz einsetzt, wurden jedoch extra für ihn zwei Mulsanne mit 8-Zylinder-Motor so umgerüstet, dass sie mit Bioethanol gefahren werden können.

Ettore Bugatti hat Bentley einst als «le camion plus vite du
Monde» bezeichnet. Wie viel Wahres ist da heute noch dran?

Was er als Beleidigung seines Rivalen im Rennsport geäussert hat, ist längst zum Kompliment geworden. Wir haben immer grosse Autos gebaut und entschuldigen uns dafür nicht. Wenn Sie ein kleines Auto kaufen wollen, kaufen Sie keinen Bentley! 
Ein Mulsanne oder Flying Spur haben fünf bequeme Sitze, ausreichend Fussraum und laufen notfalls 300 Stundenkilometer!

Welche Ambitionen hat Bentley im Automobilsport?

Nach dem Doppelsieg bei den 24 Stunden von Le Mans 2003 mit dem Rennwagen Speed 8 sind wir nun mit dem Bentley Continental, der in der GT3-Strassenversion 608 PS leistet, im Tourenwagen-Sport sehr erfolgreich.

 

 

 

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