Als einer der talentiertesten Architekten Deutschlands gestaltet Sigurd Larsen aussergewöhnliche Häuser und Hotels. Sein Design-Studio verbindet die Ästhetik hochwertiger Materialien mit Funktionalität und komplexen Kontexten. Besonders wichtig ist ihm bei der Gestaltung der Umgang mit Tageslicht und die Einbettung des Gebäudes in ein starkes Narrativ.
Du bist in Dänemark geboren, warum hast Du Dir Berlin als Wahlheimat ausgesucht?
Sigurd Larsen: Ich bin hier aus pragmatischen Gründen gelandet. Nach meinem Studium in Kopenhagen bekam ich in Berlin meinen ersten Job, war sowieso oft hier und fand die Stadt toll. Und schliesslich hat jeder bekannte Däne mal eine gewisse Zeit in Berlin gelebt, von Sören Kierkegaard bis Hans Christian Andersen. Reist man von Kopenhagen nach Süden, ist Berlin die erste Grossstadt, ich bin also nicht weit weg. Meine Eltern wohnen in Aarhus. Ob sie meine Schwester in Kopenhagen oder mich in Berlin besuchen, ist in der Distanz kaum ein Unterschied. Ich musste mich hier nur an die andere Kultur und Sprache gewöhnen.
Nach welchen Regeln oder Werten gestaltest Du Deine Projekte?
Es gibt kein vorgegebenes Format, wo ich sage, es muss so oder so sein, damit es ein Projekt von unserem Büro ist. Das vermeide ich sogar. Ich bin viel zu neugierig, immer wieder Neues auszuprobieren. Aber wenn wir darüber sprechen, dass ich aus Dänemark komme, liegt ein Fokus meiner Projekte auf dem Tageslicht und generell dem Umgang mit Licht, mit Materialien von solider Langlebigkeit. Auch auf eine hohe handwerkliche Qualität lege ich sehr viel Wert. Teilweise hat das mit meiner Herkunft zu tun, aber ich glaube, ein Japaner oder eine Schweizerin können das Gleiche über ihre Heimat sagen.
Du hast kürzliche das Lakehouse im Westen Berlins fertiggestellt, was war die Gestaltungsidee?
Das Lakehouse ist eine öffentliche Einrichtung für Sport und Bewegung, man kann das Haus auch für Seminare, Events oder Ausstellungen mieten. Es ist ein toller Ort an einem See an der Grenze zu Brandenburg. Es besteht aus mehreren kleinen Volumen, sodass Veranstaltungen auch gleichzeitig stattfinden können. Zudem erreicht man so einen Massstab, der sich eher wie ein grosses Haus mit Küche als wie eine Flughafenlobby anfühlt und das war die Absicht. Es gibt natürlich auch das Spiel mit dem Tageslicht: Auf einer Seite des Gebäudes scheint die Sonne morgens durch einen Wald – unfassbar schönes Licht. Es bewegt sich im Laufe des Tages um das Gebäude herum, das in alle Richtungen zum See aufgefächert ist. Und es gibt einen schön eingerahmten Sonnenuntergang. Das ist ein schönes Erlebnis, wenn die Sonne tief steht, die Sonne durch die Baumkronen scheint und im See reflektiert. Deswegen haben wir diese grossen Fenster eingebaut, um das schön filtrierte Licht gut aufzufangen. Ausserdem wurde das Haus von einer Schweizer Firma aus extrem vorgefertigten Holzelementen gebaut, es sollte state of the art sein, schon mit integrierten Stromkabeln.
Lakehouse, Berlin
Spannend! Ganz anders sieht Dein eigenes Haus in Griechenland aus.
Ja, es heisst Piperi was auf Griechisch Pfeffer bedeutet – der Name kommt von der kleine Insel, auf der das Haus steht. Ich habe mich total in das Grundstück und die Ausblicke auf diese unbewohnte Insel verliebt. Das Haus ist Richtung Osten zum Sonnenaufgang ausgerichtet, auf der anderen Seite kann man den Sonnenuntergang geniessen. Das ist wunderschön. Es gab dort allerdings einen strengen Bebauungsplan, einen der strengsten Europas. Piperi ist eine sehr gut erhaltene kaum touristische Insel. Alle Häuser sind weisse Kuben mit weissen Treppen und so wollte ich mein Haus auch gestalten, wenngleich ich auch dazu gezwungen war, aufgrund der lokalen Baukultur. Es gibt auch Regeln zu den Proportionen, den Fenstern und allem möglichen. Wir wollten ein Haus bauen, das das gleiche spannende, fast labyrinthische Gefühl vermittelt wie die kleinen griechischen Dörfer mit ihren unzähligen Treppen. Es war extrem interessant, sich mit der Baukultur und dem lokalen Handwerk zu beschäftigen.
Piperi, Griechenland
Und was war die Herausforderung beim Glashaus in der Uckermark?
Das Glashaus ist ein Wochenendhaus für eine Familie aus Berlin, das auch vermietet wird. Die Idee war, dass man aus Berlin kommt, durch die Tür tritt und plötzlich in dieser anderen ruhigen Welt ist und die Landschaft betrachtet. Wir wollten einen Mehrwert mit dem Dachboden schaffen, stellten fest, dass die Aussicht dort oben extrem schön ist und so entstand die Idee des transparenten Daches. Statt Ziegelsteinen verwendeten wir Glas, ansonsten ist es eine typische Holzdachkonstruktion. Unsere Fotografen kamen eines Tages mit unfassbar tollen Bildern vom Sonnenuntergang zurück, der das ganze Haus wie Ayers Rock in Australien erscheinen liess, von gelb über rot bis lila. Der Effekt war uns beim Bau ehrlich gesagt gar nicht so bewusst und ist viel besser geworden, als wir dachten.
Glashaus, Landkreis Uckermark
Was denkst Du, wie werden wir in Zukunft wohnen, was wird sich verändern?
Die letzte kleine Wohn-Revolution gab es während der Pandemie, als plötzlich alle zu Hause mit einem Home Office ausgestattet wurden. Zuvor sprach man viel darüber, dass Büros heimeliger sein sollen und plötzlich kam die Bewegung tatsächlich Richtung Zuhause. Wichtig ist aber auch, wie wir unsere Häuser bauen: Wir sehen bei den jungen Generationen, dass sie heute deutlich kleinere Häuser bauen möchten, mit weniger Material. Das muss möglich gemacht werden, damit sie genehmigungsfähig sind.
Du gestaltest auch Hotels, aktuell eines auf Kreta. Was macht für Dich ein gelungenes Hotel aus?
Ein richtig gutes Hotel muss immer ein Thema haben. Das muss nicht gross sein. Beim Michelberger Hotel im Spreewald ist das Thema beispielsweise Gastronomie und alle Materialien des Gebäudes wurden – ähnlich wie Lebensmittel – aus der Erde gehoben, gebacken, gebrannt oder geölt. Man spürt die Verbindung zwischen Gastronomie und Architektur und kann sich in dem grossen Garten nebenan selbst versorgen. Die Gäste schlafen unter dem Dach, sind am Morgen direkt mit dem grossen Gemeinschaftsraum verbunden und man riecht, wie dort das Frühstück zubereitet wird. Man lebt mittendrin und schaut die ganze Zeit auf den Garten, wo man alles probieren, riechen und anfassen kann. Das ist ein klares Thema für ein Hotel und es funktioniert wunderbar.
Photos Copyrights: Tobias Koenig, Michael Romstoeck