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Call Me Adam

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Side Notes

Skorpione können 200 mal mehr RADIOAKTIVITÄT ertragen als Menschen.

Las Vegas verbraucht SO VIEL STROM wie das gesamte Land PERU!

Der Grönlandhai (auch Eishai genannt) ist das Wirbeltier mit der höchsten Lebenserwartung. Er kann schätzungsweise bis zu 400 Jahre alt werden. Im Tierreich wird dieses hohe Alter nur durch die Islandmuschel (über 500 Jahre alt) und der antarktische Riesenschwamm (ca. 10.000 Jahre alt) übertroffen.

„Der Yellofier ist einer meiner besten Freunde“

Seit rund vierzig Jahren stehen der akribische Studio-Perfektionist Boris Blank und der geniale Improvisations-Bohemien Dieter Meier für elektronische Soundlandschaften mit Charme und Charisma. Mit ADAM The Magazine sprachen die beiden Yello-Charaktere über die ersten Konzerte, den Kollaps des Kapitalismus und ihr knackiges Album „Point“.

Sie nennen Ihr aktuelles Album „Point“ – und nicht „Comma“. Machen Sie nach 41 Jahren einen Punkt hinter die Karriere von Yello?
Dieter Meier: Nein, für mich ist es The Point of Yello. Wie ein Scheinwerfer, fokussiert auf Yello.
Boris Blank: Oder The Point of no return. Wir sind an einem Punkt, wo wir nicht mehr zurückkönnen. Es geht immer weiter.

Wie sind Sie auf „Point“ gekommen?
Blank: Wir haben immer Dutzende von Ideen für einen Albumtitel. Die Wahl ist ein sehr schwieriger Prozess. Er darf nicht blöd klingen und muss Swing drin haben. Dieter hat mich aus Buenos Aires angerufen und gefragt: „Boris, hast du Zeit? Ich habe einen Titel für das Album: Point Yello“ (schnippt mit den Fingern). Und ich sagte: „That’s it. Der klingt.“ Es gibt Brennpunkte, Mittelpunkte und Treffpunkte – und nun gibt es auch den Yello-Punkt.

Ist diese Einigkeit typisch für Yello?
Meier: Wir diskutieren viel, sind aber keine Eigenbrödler, sondern erpicht, einen Konsens zu finden. In allem! Sonst könnte man das gar nicht machen, über vierzig Jahre lang.
Blank: Wenn es mal Reibereien gibt, nutzen wir unsere Erfahrungswerte, um sie frühzeitig abzufedern. Zum Schluss einigen wir uns immer auf etwas, das geil ist, an dem wir beide Freude haben. Das war zwar früher schon so, aber jetzt ist vielleicht etwas Altersmilde dazugekommen.

Ist die klare Aufgabenteilung bei Yello ein Vorteil?
Meier: Es geht nur so. Boris liebt es, jahrelang im Studio zu tüfteln und an fünfzig Klangbildern gleichzeitig zu malen. Ich habe sehr viele andere Sachen am Laufen und deswegen kein Problem damit, wenn ich mal dreieinhalb Jahre nichts von ihm höre. (schmunzelt)

Sind Sie nicht neugierig?
Meier: Schon, aber es ist ganz gefährlich, in einen laufenden Prozess reinzuhören und reinzureden, denn es könnte deinen Partner in seinem schöpferischen Akt verunsichern, bei dem er sich eh auf einem unbekannten Terrain vorantastet. Aus diesem Grund ist es für mich immer ein magischer Moment, wenn ich zugelassen werde. Speziell ist bei uns auch, dass ich in den letzten vier Jahren nur etwa 6 Wochen im Studio war und Boris vielleicht 220 … Das ist der kleine Unterschied.

„Point“ ist das erste Album, seitdem Yello Konzerte gegeben hat. Hat Sie diese Live-Erfahrung inspiriert?
Blank: Überhaupt nicht! Wie Dieter schon sagte, bei mir liegen Dutzende von Stücken halbfertig herum. Sie warten schon lange nur darauf, animiert oder reanimiert zu werden.

Sie sollen aber gesagt haben, dass Sie schon früher aufgetreten wären, wenn Sie gewusst hätten, wie viel Spass das macht?
Blank: Wir haben die Konzerte jetzt gegeben, weil wir dachten, man muss das machen, solange man jung ist. Yello ist eine junge Live-Band. Wir haben noch sehr viel vor. Vielleicht sogar eine richtige Tournee, bei der keine Instrumente mehr auf der Bühne stehen werden, wir aber ein audiovisuelles 360-Grad-Rundumerlebnis bieten. Viele haben eh gesagt, eigentlich müsst ihr gar nicht so viele Musiker auf der Bühne haben. Es reicht, wenn ihr dort steht. Ich wollte jedoch bei unserer Premiere keinen Fake wie bei den Pet Shop Boys, wo Chris Lowe mit seinem Laptop nur so tat, als würde er Musik machen. Die Leute sollten unsere Bläser erleben. Ich kann mir aber auch andere Konzepte vorstellen.

Das klingt sehr analytisch und kontrolliert. Welche Emotionen haben Sie erlebt?
Blank: Es hat sehr lange gedauert, bis Dieter einen Eremiten wie mich motivieren konnte, sich aus seiner Klause heraus auf eine Bühne zu wagen. Ich fürchtete, dass wir etwas vorgeben, was wir nicht sind. Beim ersten Konzert haben mir noch die Knie geschlottert, doch dann spürte ich, wie wohl sich Dieter auf der Bühne fühlt und wie die Leute uns mögen. Diese positive Energie hat mich extrem beeindruckt.
Meier: Wenn ich mit meiner Band Out of Chaos auf die Bühne gegangen bin, ist der Name Programm. Da habe ich viel mehr Freiheiten. Da kann ich einen Refrain zweimal singen und die Musiker darauf reagieren. Bei Yello ist alles auf die Zehntelsekunde ausgemessen. Du kannst nicht improvisieren, nichts ist spontan. Das hat auch seinen Reiz, aber ich hoffe, dass wir auf der nächsten Tournee spontaner werden können. Der Yellofier, diese wundervolle App, die Boris erfunden hat und selbst Laien ermöglicht, faszinierende Stücke zu komponieren, kann auch uns beflügeln.

Wie ist die fröhliche Single „Waba Duba“ entstanden?
Blank: Da war tatsächlich der Yellofier mit im Spiel. Er ist einer meiner besten Freunde. Ich habe ihn immer bei mir. Wenn ich mit dem Hund im Wald unterwegs bin, experimentiere ich mit den Vokalen und nehme das gleich auf. Ich kann da witzige Zufallsgeneratoren verwenden. Bei „Out Of Sight“ habe ich aufgenommen, wie meine Frau Patrizia in der Küche beim Kochen geschwärmt hat: „Che belle, belle, belle!“

Täusche ich mich oder gibt es in „Waba Duba“ ein „The Race“-Zitat?
Blank: Das höre ich nicht zum ersten Mal. Das Bariton-Saxophon ist einer der signifikantesten Sounds im Repertoire von Yello. Ich verwende ihn öfters, weil ich ihn unheimlich mag.

„Way Down“ klingt ungewohnt entspannt, swingend und funky zugleich …
Blank: Ja, dieser Electro-Reggae hat wirklich viele Einflüsse. Ich weiss auch nicht weshalb. Als ich Dieter die Demoversion schickte, meinte er, wir müssten nur noch seine Vocals aufnehmen, da meine Stimme allein zu dünn ist. Die Texte sind total dadaistisch.
Wie heisst es noch darin? „Bring that beef back home“?
Meier: Was singst du da? „Bring that beat back home!“ (sie amüsieren sich)

Das flirrende, hypnotische Gegenstück ist „Insane“. Eine Hymne auf die Verrücktheit?
(Beide äussern, dass sie nicht wissen, um welchen der zwölf Songs es sich dabei handelt)
Blank: Dieter weiss eben auch nicht immer, was er singt. Er hat eine schöne Formulierung dafür: „Die Inspiration fliegt mir zu, und wenn der Song aufgenommen ist, fliegt sie weiter.“

Wie wichtig sind die Sehnsucht nach grosser Liebe und heisser Erotik als Triebfeder Ihres musikalischen Schaffens?
Meier: Wo sehen Sie Erotik?

In „Hot Pan“ …
Blank: Aha.
Meier: Interessant. Das habe ich überhaupt nicht so gesehen.
Blank: Haben Sie einen Psychiater? (sie lachen)

Der Song hat einen pulsierenden Rhythmus und Sie singen von „hardcore“ und „shakin’ my body upside down“. Überbordet da wirklich meine Phantasie?
Blank: Überhaupt nicht. Manchmal schreiben Kritiker – ich weiss nicht, ob das Frauen sind – was für eine erotische Stimme Dieter hätte. Jemand schrieb gar, man würde schwanger, wenn man ihn hören würde.
Meier: Ist das wahr???

Haben Sie nie Musik gemacht, um Frauen zu gefallen?
Meier: Nein, nein, nein! Das war nie unser Impuls und wir hatten auch nie Groupies.

Dafür haben Sie beide so lange Beziehungen wie nur wenige Stars im Musikbusiness. Was ist Ihr „Geheimnis“?
Meier: Unsere Frauen haben ihre eigenen Ideen und erfüllen sie sich selbst. Selbstständigkeit muss gewährleistet sein. Wenn meine Frau und ich uns sehen, haben wir viel zu erzählen. Dieser Austausch ist sehr bereichernd.

Wollen Sie sich in Zukunft mehr Zeit nehmen, um Dinge mit Ihren Partnerinnen gemeinsam zu tun?
Meier: Ich nicht. Ich entwickle Sachen mit anderen Leuten, aber ich habe unendlich viel Zeit. Was ich mache, landwirtschaftlich oder önologisch, ist für mich ein Vergnügen. Daher habe ich keinen Stress. Und meine Frau hat die Verantwortung für ihre Firma enSoie unseren drei Töchtern übergeben und sich fast ganz ins Privatleben zurückgezogen.

Wagen Sie als musikalische Visionäre auch eine Prognose, an welchem „Point“ von Corona wir stehen und wohin uns die Entwicklung noch führen wird?
Meier: Ich bin davon überzeugt, dass sich die Welt – wenn das Problem medizinisch gelöst ist, und das scheint kein Hexenwerk zu sein – wieder wie vorher drehen wird. Und das wäre nicht nur gut. Der kapitalistische Irrsinn wird weitergehen.
Blank: Das hoffe ich nicht!
Meier: Ich auch nicht, aber der einzige Zweck des Systems ist die Rentabilität des Kapitals. Die Verbrennung von Öl und Kohle hat schlimme Folgen, die Verschmutzung der Meere und der rücksichtslose Umgang mit Tieren. Hinzu kommen die Milliarden-Schulden, welche die Staaten angehäuft haben. Da steht uns ein totaler Kollaps bevor. Das System wird sich aber erst ändern, wenn wir keine Luft mehr bekommen.

Yello wurde 1979 vom avantgardistischen Sprachkünstler Dieter Meier (Gesang) und den Techno-Pionieren Boris Blank und Carlos Péron (Synthesizer) gegründet. Mit der Single „Bostich“ hatten die Zürcher sogar in New York einen Club-Hit. Als Duo starteten sie ihre erfolgreichste Zeit mit dem vierten Album „Stella“ sowie den Auskoppelungen „Desire“ und „Vicious Games“. Ende der Achtzigerjahre folgten ihre Gänsehaut-Ballade „The Rhythm Divine“ mit Gastsängerin Shirley Bassey und das ikonographische „The Race“. Da Soundtüftler Blank lange bezweifelte, dass sich seine Musik live adäquat reproduzieren lässt, gibt Yello erst seit 2016 Konzerte. Das aktuelle Album „Point“ trägt die unverwechselbare Handschrift der beiden Technolegenden. Die Songs sind unkonventionell und der Sound ist brillant.

Photos Copyrights: Universal Music

Side Notes

BIS ZU 75 METER TUNNEL kann ein Maulwurf in einer Nacht graben.

Fidel Castro hat 10 amerikanische Präsidenten erlebt!

Christoph Kolumbus beschrieb Meerjungfrauen als fettleibig und hässlich. Historiker vermuten, dass er damit die zu dieser Zeit in Europa unbekannte Seekuh meinte.

Die Fingerabdrücke von KOALABÄREN sind nur unter dem Mikroskop von menschlichen FINGERABDRÜCKEN zu unterscheiden!

MONA LISA hat keine Augenbrauen.

EINE PFERDESTÄRKE bezeichnet die Leistung, die benötigt wird, um in 1 Sekunde 1 kg 75 Zentimeter anzuheben. Ein durchschnittliches Pferd leistet ca. 24 PS.

FRAUENHERZEN schlagen schneller als MÄNNERHERZEN.

Goodbye my friend!

Tage des Abschieds

Tränen fliessen über meine Wangen, während ein herzzerreissender, allen Schmerz dieser Welt beinhaltender Schluchzer lähmend langsam meine Brust hochkriecht und ich ihn schliesslich qualvoll in die Welt hinauspresse. Aufdringlich klopft mein tausendfach gebrochenes Herz in meiner Brust, dabei war ich mir 1’000%ig sicher, dass es zu Stein geworden war.

Auch Wochen nach deiner Naturbestattung fragte ich mich, wie das Leben weitergehen soll. Lenny, wie konnte das nur passieren? Wo bist du jetzt?

Durch meinen Kopf rasen die herrlichsten Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit, testosteronschwangere Revierkämpfe, lange Nächte, Autorennen und prickelnde Frauengeschichten. Unsere Freundschaft war so besonders, voll gegenseitigem, bedingungslosem Vertrauen. Wir haben das Leben genossen, gegen uns kam niemand an. Wie oft haben wir meinem Dosenöffner Adam gezeigt, zu was ein richtiger Kater fähig ist. Wir haben in den Wind gelacht, eine tiefe Brise vom Lavendel inhaliert und uns Dreamies durch die Nase gezogen. Mit dir war das Leben so herrlich unkompliziert.

Und nun? Wie in Zeitlupe vergingen meine Tage. Adam bemühte sich redlich mich abzulenken, aber was hilft der Gedanke, dass du nun der hellste Stern am Himmel bist, wenn Tränen meinen Blick vernebeln und du mir so sehr fehlst?

Hin und wieder setzte ich mich an den Computer und wollte Trost in Portalen zur Trauerbewältigung suchen, doch allein das Geräusch des hochstartenden Computers brachte mich aus der Fassung. Schliesslich setzte ich mich wie in Trance an den Tisch und schrieb mir meinen Schmerz über deinen Verlust mit einer Füllfeder von der Seele. Als ich unsere Geschichte fertig aufgeschrieben hatte, band ich eine schwarze Satinschleife rundherum, legte mich auf das Sofa und fiel in einen tiefen, alles zudeckenden Dornröschenschlaf.

Als ich wieder aufwachte, mussten Tage vergangen sein, denn ich versuchte mich erst zu orientieren, hatte unerträglichen Mundgeruch und mein Magen knurrte gewaltig. So plünderte ich, wie in alten Zeiten, den Kühlschrank, nahm ein gediegenes Schaumbad und putzte mir die Beisserchen. Kaum zu glauben, aber ich fühlte mich besser. Nun wollte ich das Ding zu Ende bringen und meine Trauer rituell in einem gigantischen Feuer verbrennen. Erst dann würde ich mich endlich wieder mit neuem Fokus auf die Zukunft konzentrieren können. Ich würde unsere zu Papier gebrachten Geschichten zu einem Verlag senden und dieser würde mir den Bestseller aus den Händen reissen.

Dass es dann doch etwas anders kam, war der Tatsache geschuldet, dass ich in meinen Schilderungen meinen Dosenöffner nicht gerade gut wegkommen liess. Irgendwann als ich schlief, fand er wohl den Text und warf ihn schliesslich wutentbrannt von der Terrasse, über meinen Kopf, in das gigantische Lagerfeuer im Garten. Ich war fassungslos! Erneut entkam meiner Kehle ein herzzerreissender Schrei, doch diesmal war es Wut und diese liess ich kaltblütig an meinem Dosenöffner aus. Als er Tage später aus dem Krankenhaus nach Hause kam, hatte ich das Diktaphon bereits besprochen und er durfte sich mit seinem Adleraugensuchsystem daran machen, mein Buch in den Computer tippen.

Der Tod ist der Horizont unseres Lebens, aber der Horizont ist nur das Ende unserer Sicht. Ich hatte endlich die Kurve gekratzt, ich war fast wieder der Alte und mein Blick ging wieder nach vorne! Alter Kumpel, du bleibst unvergessen in meinem Herzen und den Bestseller widme ich dir, versprochen!

 

Illustration Copyrights: Manuela Dona

Pasquale Aleardi

Multitalent & Träumer
Der Zürcher singt in Clubs und am Broadway

Pasquale Aleardi (48) lebt seine Passion für Schauspielerei und Musik in vollen Zügen aus. Er verkörpert Kommissar Dupin in der gleichnamigen TV-Reihe, tourt mit der Band die Phonauten durch die Clubs und ist einer der Hauptdarsteller im ersten Cirque-du-soleil-Musical „Paramour“.

Multitalent Pasquale Aleardi ist in seiner Heimatstadt Zürich, weil er auf der Tournee mit seiner Band, den mit Funk, Soul und Pop gute Laune verbreitenden Phonauten, auch zwei Konzerte in der Schweiz geben wollte. Da dies von der Lungenentzündung eines Mitmusikers verhindert wurde, nutzen Ehefrau Petra Auer (35) und er mit ihren Söhnen Leonardo (3) und Armando (1) die Gelegenheit, um Verwandte und Freunde zu besuchen. Das Paar hat sich in der Wahlheimat Berlin gefunden, wohin sie und er wegen der Schauspielerei gezogen waren.

«An einer Geburtstagsparty hörte ich, wie eine Frau mit Bündner Akzent sprach, was sofort meine Aufmerksamkeit erregte, da ich sehr auf diesen Dialekt stehe», erinnert er sich. «Ihr Aussehen und ihre herzliche Ausstrahlung haben mich dann endgültig umgehauen.» Seitdem sie Eltern sind, tritt Auer schauspielerisch kürzer, was Aleardi ermöglicht, seine verschiedenen Talente weiterhin erfolgreich auszuleben und damit die Familie zu ernähren. Da sein Vater aus Italien und seine Mutter aus Griechenland stammten und er vor allem in Deutschland arbeitet, ist dabei wohl nur wenigen Zuschauern bewusst, dass es sich bei diesem Protagonisten um einen Schweizer handelt.

In den Handel und die Produktion von kulinarischen Spezialitäten der Emigrantenfamilie einzusteigen, zog Aleardi nie in Betracht. «Als Bub faszinierte mich, dass es Menschen gab, die sich klein machen und in Fernsehapparate hineinschlüpfen konnten», erzählt er, wie er sich für die Schauspielerei zu begeistern begann. «Und später wollte ich wie «Starsky & Hutch» den ganzen Tag im Polizeiauto herumfahren können!» Mit 11 begann er Klavier, später Schülertheater zu spielen und absolvierte schliesslich die Schauspielakademie Zürich.

Nachdem sich Aleardi seine Sporen an deutschen Theatern abverdient und in Kino- und TV-Produktionen neben Stars wie Til Schweiger, Heike Makatsch und Veronica Ferres gespielt und im Swissair-Drama «Grounding» Copilot war, bekam er vor allem ab dem Mehrteiler «Schicksalsjahre» (2011, mit Maria Furtwängler) tragende Rollen. Die auf Krimi-Bestsellern basierende Serie um den spleenigen Kommissar Dupin hat sich schon in über 40 Ländern verkauft und den Bretagne-Tourismus angekurbelt. Für den Anführer der Tunnelbauer in der Koproduktion «Gotthard» erhielt Aleardi den Schweizer Fernsehfilmpreis. Und in der hochkarätig besetzten Verfilmung des Udo-Jürgens-Musicals «Ich war noch niemals in New York» verkörpert er den schwulen Bordzauberer Costa.

Seinen Adelsschlag als Musical-Darsteller bekam Aleardi schon 2015, als er nach einer Saison «Chicago» in Stuttgart auch noch berufen wurde, den Anwalt Billy Flynn auf Englisch am Broadway zu singen. Für ihn war damit klar: Mehr geht nicht. Doch es ergab sich etwas Anderes, das ihm emotional noch mehr bedeutet. «Als ich anfangs der Neunzigerjahre in Paris erstmals eine Show des Cirque Du Soleil live sah, weckte dies in mir den verrückten Traum, eines Tages darin mitzuwirken, obwohl ich überhaupt kein artistisches Talent habe», verrät Aleardi schmunzelnd. Tatsächlich wurde ihm Ende 2018 die Hauptrolle des Regisseurs AJ Golden in der ersten europäischen Cirque Du Soleil Musical-Produktion «Paramour» angeboten. «Musikalisch, tänzerisch und artistisch ist sie so spektakulär, dass ich im Frühling nochmals zwei Monate in Hamburg anhänge.»

Seine Familie, die ihn meistens begleitet, zieht mit ihm danach voraussichtlich zum nächsten Dupin-Dreh. Für sie ist das keine Hexerei mehr. «Wir sind sehr effizient geworden und nehmen nur noch das Nötigste mit», betont Aleardi stolz. Drei Koffer. Das ist befreiend!»

„Kommissar Dupin – Bretonisches Vermächtnis“ wurde im Juni 2020 in der ARD ausgestrahlt.

Pasquale Aleardi singt im Cirque-Du-Soleil-Musical „Paramour“ in der Neuen Flora in Hamburg.

Das Konzert mit den Phonauten im Casinotheater Winterthur wird am 15. Dezember nachgeholt.

Photos Copyrights: Anna Sophie Grünwald

Gottgleich!

Schlangenträger unter sich

Der Weltraum – unendliche Weiten! Ein Blick in die Sterne bedeutet nicht unweigerlich mondsüchtig oder ein Träumer zu sein. Gebildet, wissenschaftlich interessiert und belesen wie ich nun mal bin, war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis ich bei der Astrologie landen würde.

Begonnen hat meine Leidenschaft an jenem Herbstabend, als Adam, mein Dosenöffner, mit einem schönen Glas Bordeaux und der Zeitung, bei einem prasselnden Kaminfeuer sass und belustigt sein Gratis-Horoskop rezitierte. «Die Woche wird toll!  Ich werde endlich der Liebe meines Lebens begegnen, den Job wechseln und meine CD-Sammlung der 90er gewinnbringend verkaufen. Das Weltall hat noch viele Geheimnisse für uns bereit», sagte Adam geistvoll.  Verblüfft sah ich ihn an. Was sollte ich bei so viel Naivität erwidern? Ach hätte er das Blatt nur zum Anzünden des Feuers verwendet. Ich trat also den Rückzug an, gähnte gelangweilt und ging zu meinem Platz am Fenster, um in den stockdunklen Garten zu starren. Der letzte Satz hing wie eine markante Duftnote im Raum.  Was wusste dieser Schwachkopf vom Weltall und den unzähligen offenen Fragen, die mein überintelligentes Katzenhirn täglich marterten. Ich war etwas Besonderes, in höchstem Masse Ungewöhnliches und mithilfe der Sterne würde ich es beweisen. Durch eine Dachluke am geräumigen Dachboden unserer Upper-Class-Villa ging ich mit einem Teleskop die Erforschung meiner Vergangenheit und Zukunft an und es dauerte nicht lange, bis mir klar war, dass die Babylonier sich geirrt hatten. Die Sterne offenbarten mir die einzig infrage kommende Möglichkeit. Ich war im 13. Sternbild des Ophiuchus, des Schlangenträgers geboren und  ein unmittelbarer Nachkomme von Asklepios, Sohn des Koronis, Gott des Lichts. Mein bis heute verleugneter Vorfahre war Heiler, der meist eine Schlange und einen Stab bei sich trug, was irgendwann in der Vergangenheit dazu führte, dass sein Markenzeichen zum Symbol des ärztlichen Standes wurde. Wie Schuppen fiel es mir von den Augen. Ich hatte die einzige Wahrheit gesehen – ich war … mir verschlug es die Sprache! Gottgleich stieg ich vom Observatorium am Dachboden und ging dazu über die Welt darüber zu informieren, mit was für einer Persönlichkeit sie es zu tun hatte. Mit Adam sprach ich nur noch wenn nötig und dann von oben herab und benahm mich auch sonst majestätisch. Ich genoss meine vermeintliche Überlegenheit und postete unzählige scharfsinnige Kommentare meiner Theorie auf allen wichtigen Astrologie-Blogs. Aber ich wollte nicht diskutieren, ich wollte herrschen und wäre es möglich gewesen, hätte ich mit Blitzen um mich geworfen. Adam beobachtete meine Veränderung mit Argwohn und nach etlichen Versuchen mich wieder auf den Boden der Realität zu holen, zog er schliesslich die Reissleine. Ich hielt gerade eine glühende Rede über die Sinnlosigkeit von Zähneputzen für Götter, als er den psychologischen Notruf wählte und der Dame am Telefon eindringlich erklärte, dass sein bester Freund glaube ein Anderer zu sein. Die Dame versprach sogleich einen Blaulichtwagen mit Fachpersonal zu schicken. Als der Wagen kurze Zeit später vorfuhr, öffnete ich erfreut die Tür. Auf die Frage wo der Patient sei, führte ich die netten Herren der Effizienz halber gleich selbst zu ihm ins Wohnzimmer.  «Nein, ich bin nicht der von dem sie glauben, dass ich bin.» «Natürlich nicht«, sagte der freundliche Herr, bevor sie ihn zu einem handlichen Paket verschnürt davontrugen. «Bitte helfen Sie meinem Freund», sagte ich eindringlich und sah dem Wagen noch ein Weilchen wehmütig nach.

«Sag mal hörst du mir überhaupt zu? Du sitzt nun schon seit Tagen da am Fenster und starrst den Mond und die Sonne an. Das ist unheimlich, du siehst aus wie ein Zombie oder ein Sonnenanbeter oder so was?» Adams Stimme klang wie aus weiter Ferne! Majestätisch sass ich auf meinem Brokatkissen am Fenster, mein edles Haupt war überstrahlt von einer Sonnenkorona. «Ein Sonnenkönig? Warum nicht?»

 

Copyrights: Manuela Dona

«Mum wollte lieber WW als VW»

Manche Rock’n’Roller würden sich im Grabe herumdrehen, wenn Sie hören würden, dass Sie ein Interview um 07.45 Uhr geben. Geht es der Musikindustrie so schlecht, dass man so früh aufstehen muss?
Wincent Weiss: Wenn man für das neue Album wirbt, macht man schon mal um 3.30 Uhr einen Soundcheck, um im Frühstücksfernsehen auftreten zu können. Statt Sex, Drugs und Rock’n’Roll bedeutet das Musikmachen für mich vor allem jeden Tag viel Arbeit. Das ist aber auch gut so. Ich stehe lieber früh auf und schaffe viel als den Tag zu verschlafen.

Haben Sie «Kaum erwarten» als Single zur CD-Veröffentlichung herausgebracht, weil Sie dieses Lied für den grössten Ohrwurm halten?
Für mich war wichtig, dass ich einen Song auskopple, der das gesamte Album repräsentiert. Die vorherigen Singles «An Wunder» und «Hier mit dir» sind viel früher entstanden.

Welche Wünsche und Träume, von denen er handelt, sind schon in Erfüllung gegangen, welche noch nicht?
Was ich mir musik- und karrieremässig vorgenommen hatte, ist schon hundertfach übertroffen worden. Es ist der Wahnsinn, was ich erleben darf! Für das, was ich mir privat und familiär vorstelle, war bisher viel zu wenig Zeit: Irgendwann Papa zu werden, und Opa. Im Video dazu werde ich einen künstlichen Bart tragen. Ein eigener ist vermutlich mein unrealistischster Wunsch. Aber man soll ja nie aufhören zu träumen … (Schmunzelt)

Hilft Ihnen das Texten beim Verarbeiten schwieriger Dinge wie etwa der Trennung von Ihrer Freundin?
Sich mit etwas zu beschäftigen hilft immer. Manche sprechen mit Freunden oder der Familie, ich kommuniziere beim Songschreiben mit den Fans. Mich hat mal einer gefragt: «Ist es nicht blöd, jeden Abend auf der Bühne zu stehen und immer wieder an die Ex erinnert zu werden?» Gar kein so ein schlechter Punkt, aber dafür geht die Verarbeitung weiter.

Mit Songs wie «Hier mit dir» bauen Sie sich dann wieder auf.
Genau, er handelt von einem Freund, den ich seit 26 Jahren kenne und der für mich wie ein Bruder ist. Ich kenne mein Leben gar nicht ohne ihn. Wir wurden in Zwillingskinderwagen zusammen herumgeschoben und ich habe keinen Geburtstag ohne ihn gefeiert.

Wie kam es zu dieser Verbindung?
Wir haben anfangs in der gleichen Stadt gewohnt und immer in der Nähe – bis ich aus Norddeutschland nach München gezogen bin, um mein Album zu machen. Unsere Mütter waren beste Freundinnen. Nach dem Kindergarten ging ich oft zu meinem Freund nach Hause, da meine Mum Vollzeit gearbeitet hat. So wurde ich von seinen Eltern mit grossgezogen.

Wie ist dieses Video in New York entstanden?
Die Plattenfirma sagte: «Wir drehen es dort. Wen willst du als Statisten mitnehmen?» Ich dachte, da nehme ich doch gleich meinen besten Freund mit und wir zeigen, wie unsere Freundschaft entstanden ist. Ich fragte ihn, ob er Zeit hätte. «Ich hole dich in drei Tagen ab. Wir fliegen für zwei Tage weg.» Ich habe ihm im letzten Moment gesagt, wohin der Kurztrip geht. Er hätte fast nicht freibekommen, wir mussten bei seinem Arbeitgeber nachhelfen!

«An Wunder» wurde in Lissabon gedreht. Suchen Sie sich die Schauplätze als Ferienersatz aus?
Ein bisschen! (Lacht) Ich war lange nicht mehr im Urlaub und dachte «Komm, wenn du wenigstens die Chance hast, für den Videodreh an einen schönen Ort zu reisen, dann nutze sie.» Den «Kaum erwarten»-Clip haben  wir nun allerdings in Köln gemacht, aber das ist auch mal schön. Wir waren ja auch schon in Japan und in Kapstadt.

Wie können Sie überhaupt regenerieren?
Noch gar nicht so richtig. Ich arbeite 95 Prozent und habe 5 Prozent Privatleben. Ich versuche wenigstens anderthalb Stunden pro Tag für mich selbst zu haben. Dann fahre ich Motorrad, treibe Sport oder höre Musik – und ich muss mit niemand reden. Urlaub zu machen nehme ich mir immer vor, doch die Woche im April hatte ich schon wieder storniert, weil ich Bandproben hatte. Ich muss ihn wohl auf nach der Tour verschieben.

Wohin wollten Sie reisen?
Nach Bali. Nach 13 Jahren Skatebord- und Snowboardfahren will ich unbedingt mal surfen lernen. Da ich Knieprobleme und bald einen MRT-Termin habe, wäre dieser Wunsch aber wohl kaum in Erfüllung gegangen.

Wie wichtig ist Ihnen die Geschwindigkeit?
Ich fahre schon gerne zügig, aber beim Snowboardfahren bin ich eher der entspannte, technische Fahrer und mache Tricks beim langsamen Fahren. Beim Auto- und Motorradfahren komme ich jedoch in einen Geschwindigkeitsrausch. Leider.

Was fahren Sie?
Eine BMW 1000 RR. Die läuft 316 Stundenkilometer und die fahre ich auch auf der Strasse. Oder 314 mit meinem Auto, einem S 63 Coupé, das mir dank eines Werbedeals mit Mercedes zur Verfügung steht.

Wie viel von Ihrem Verdienst geht für Geschwindigkeits-Bussen drauf?
Da ich mit Tempomat fahre, bin ich seit zweieinhalb Jahren nicht mehr geblitzt worden. Das liegt aber auch an den vielen Autobahnstrecken in Deutschland, auf denen noch freie Fahrt herrscht, vor allem aber will ich meinen Führerschein behalten …

Nehmen Sie auch Ihre neue Vorbildfunktion wahr?
Durchaus, aber ich weigere mich, den Erzieher zu spielen, was die Eltern erwarten, die mir schrieben: «Ich erlaube meiner Tochter nicht mehr zu Ihren Konzerten zu gehen, weil ich gelesen habe, dass Sie Alkohol trinken.» Sie sehen nicht, dass ich 26 Jahre alt bin und das Recht habe, mal ein wenig zu feiern, solange ich nicht zehnjährige Mädchen auffordere, es mir nachzumachen. Heutzutage betrinkt man sich als Künstler auch nicht, wenn man etwas erreichen will. Auf Tour trinke ich überhaupt keinen Alkohol. Die Konzerte sind so riesig, da muss man eine gute Show abliefern. Da kann ich nicht mit einem Kater auf die Bühne gehen.

Wie kam es zum Lied «1993»?
Ich habe es schon vor fünf Jahren geschrieben, aber es passte nicht zur ersten Platte. Das ist nun anders, da ich auf dem zweiten Album viel mehr von mir preisgebe. «1993» handelt von meiner familiären Situation. Ich bin bei meiner Mum grossgeworden und ohne Papa. Der hat mir aber nie gefehlt. Trotzdem möchte ich mit dem Song Väter und Mütter aufrufen, sich um ihre Kinder zu kümmern und nicht einfach zu verschwinden.

Das ist nachvollziehbar…
Es ist schon ein etwas härterer Song, denn ich sage: «Wenn ich Vater werde, will ich nie so sein wie du.» Ich habe mir selber einen Denkzettel geschrieben: Wenn ich Vater werde, möchte ich immer für mein Kind da sein – egal, wie schwierig die Zeiten sein werden und ob ich mit der Mutter zusammenlebe oder nicht. Für das Kind da zu sein, ist das mindeste, was Eltern tun sollten.

Viele Filme handeln davon, dass Kinder einen Elternteil suchen. Haben Sie das auch getan?
Meine Mum hat immer gesagt, ich könne Namen und Adresse haben und jederzeit hinfahren. Ich hatte dieses Bedürfnis jedoch gar nicht. Mein Grossvater war immer da, der Vater meines besten Freundes ebenfalls, wir haben Fussball gespielt und mit Mum war alles perfekt.

Was war beim Songwriting und Aufnehmen des zweiten Albums irgendwie anders?
Ich fand es familiärer und entspannter. Beim ersten Album wusste ich noch gar nicht, wie es klingen soll, wie ich klingen wollte und welche Art von Songs ich machen möchte. Fürs zweite Album habe ich mit meinem Produzenten und zwei Songwritern, die in den letzten Jahren zu Freunden geworden sind, ein festes Team gebildet, mit dem ich persönlicher werden konnte. Alle wussten über meine Kindheit und meine Trennung Bescheid, da kann man auch mal die Hosen runterlassen und tiefer gehen.

Sie sind der erste Vincent, den ich kenne, der sich mit W schreibt…
Wenn ich Vincent mit V sehe, finde ich das komisch. Aber mit W kenne ich keinen! (Lacht) Alle denken, es ist ein Künstlername, aber es steht so in meinem Personalausweis.

Hat das eine besondere Bewandtnis?
Meine Mum wollte einfach, dass die Initialen von Vor- und Nachname gleich sind. Sie wollte lieber WW haben als VW! So wurde ich zu Wincent. Wenn ich ein Mädchen geworden wäre, hätte sie mich Wendy getauft. Deshalb bin ich froh, dass ich ein Junge geworden bin …

Wer inspiriert die Live-Show, mit der Sie im Herbst auf Tournee gehen?
Ein bestimmtes Vorbild habe ich nicht, aber ich besuche viele internationale Konzerte. Kürzlich habe ich mir auf Netflix Taylor Swift angeschaut. Ich finde es krass, wie bombastisch die Shows der amerikanischen Pop-Künstler sind. Bei ihr ist jede Sekunde etwas explodiert und in die Luft geflogen. Sogar sie selbst ist durch die Gegend geflogen! (Lacht) Bei uns wird es definitiv entspannter ablaufen. Ich komme mehr vom Metal.

Tatsächlich? Haben Sie Heavy Metal gemacht oder nur gehört?
Damit habe ich Musik zu machen begonnen! Wenn wir die berühmten Metal-Bands gecovert haben, steuerte ein Freund die ganzen Shouts und Screams und ich den Gesang bei. Ich höre heute noch hauptsächlich Metal und noch ein wenig, was die Kollegen machen.

Wie kam es, dass Sie nun radiogängigen Deutschpop machen?
Ich fühle mich beim Songschreiben wohler, weil ich mich auf Deutsch besser ausdrücken und meine Gefühle verpacken kann. Ich schliesse aber nicht aus, irgendwann mal ein kleines Metal-Projekt zu machen. Vielleicht werde ich das sogar schon in naher Zukunft angehen und mal ein bisschen kraftvoller werden.

Wincent Weiss:
«Irgendwie anders»
(Universal Music).
Live: 26.11.2019 Zürich
Samsung Hall.

 

Photos Copyrights: Christoph Köstlin

Rennfahrer Gene

Der Kater schlägt zurück.

Ich oute mich hiermit als Oldtimer-Freak – ja, ich bin der Leidenschaft für klassische Fahrzeuge erlegen. Unbezahlbar das Gefühl, wenn das tagsüber auf den kurvigen Strassen der Toskana angesammelte Adrenalin am Abend der wohlverdienten Müdigkeit weicht. Ich bin eben ein Kater mit Benzin im Blut.
Doch, wenn es etwas gibt, dass mich noch mehr befriedigt, als mich mit einem Oldtimer einen Alpenpass hochzuschrauben oder auf einen Espresso nach Triest zu cruisen, dann ist es das, den edlen Boliden vorher auf Hochglanz zu polieren. Die Optik, die Haptik, der Geruch nach Leder, Benzin und Testosteron. Jede Schraube, jede Öse und jedes Lederriemchen erhält seine Zuwendung und Streicheleinheit.
Glücklicherweise ist die Garage unserer Upper-Class-Villa gut bestückt mit top-gepflegten Boliden, denn auch Adam, mein Dosenöffner, hegt eine grosse Leidenschaft zu edlen Autos. Was das schöne Zusammenleben etwas beeinträchtigt, ist die Tatsache, dass diese ihm gehören und er nur selten bereit ist, den Fahrersitz mit mir zu tauschen! Und das stört ein wenig, wenn man den Traum hegt an einer Classic-Ralley teilzunehmen.
So muss ich immer wieder zu Tricks greifen, um ihn vor der Garage fernzuhalten. Fingierte Termine und Dates sind da noch die harmloseren Fallen, die ich ihm schon gestellt habe, um freie Fahrt zu haben.
Letzten Samstagmorgen passierte nun Folgendes: Adam betrat pfeifend die Küche und während er sich einen Espresso zubereitete, erklärte er mir wortreich, dass die seit einem halben Jahr geplante Oldtimer-Ralley-Teilnahme für mich leider ins Wasser fiele. Nach reiflicher Überlegung habe er beschlossen, dieses unwiderbringliche Erlebnis mit seiner neuen Flamme zu teilen, denn sie wünsche es sich so sehr.
Nach kurzer Schockstarre schlurfte ich langsam zu meinem Kissen am Fenster, drapierte mich mit dem Rücken zu ihm und ging zum Gegenangriff über. Mit ruhiger Stimme erklärte ich ihm, dass ich das grösste Verständnis für seine Entscheidung habe, da sie es sich schon lange verdient hätten, mal gemeinsam rauszukommen und Ralley-Luft zu schnuppern. Mir sei natürlich vollkommen klar, dass ich diese Zweisamkeit nur stören würde. Was soll ich sagen, er konnte sein Glück nicht fassen. Offensichtlich hatte er mit mehr Gegenwehr gerechnet. Rasch stürzte er seinen Espresso hinunter und dampfte ab, um zu packen.
Während er das Gepäck verlud, klaute ich ihm sein Handy und die Geldbörse samt Ausweispapieren aus dem Handschuhfach, schickte eine iMessage an sein derzeitiges Herzblatt und sagte ihr fürs Wochenende ab. Unmittelbar danach löste ich über die Alarmanlage mit Direktverbindung zur Polizei einen stillen Alarm aus. Dann tätigte ich noch einen Anruf mit dem Polizeinotruf 117, gab mich als Nachbar aus und berichtete, dass eben im Haus gegenüber ein sündteurer Oldtimer mit einem fremden Mann am Steuer aus der Garage gefahren sei, obwohl die Hauseigentümer übers Wochenende verreist seien. Sicherheitshalber gab ich auch noch Modell und Autonummer des frechen Diebes durch. Danach entfernte ich das Akku aus Adams Handy, warf es in eine Blumenvase und legte das Telefon zurück an seinen Platz.
Als Adam gleich darauf losfuhr, winkte ich ihm freundlich vom Fenster aus zu. Ich zählte bis 100, trank einen perfekten Espresso und stieg mit meiner Reisetasche in mein Lieblingscabrio.
An der zweiten Ampel stand ein Gross-aufgebot der Polizei und mittendrin der vollkommen aufgelöste Adam, der eben eine Leibesvisitation über sich ergehen lassen musste. Kurz fragte ich mich, wie er sich wohl ausweisen und wer ihn identifizieren würde, doch dann packte ich diese Sentimentalität ins Handschuhfach und fuhr erbarmungslos an der Szene vorbei und in Richtung eines herrlichen Wochenendes – mit einem unerfüllten Traum auf vier Rädern!

Der grosse Prinz

BERUF: RENNFAHRER.

Sie kennen Karl Wendlinger nicht? Das ist typisch Er. Der Österreicher galt zu Beginn seiner Rennsportkarriere vor über 30 Jahren als aussergewöhnlich talentiert. Und als aussergewöhnlich schweigsam. Um seine Person hat er nie gross Aufhebens gemacht. Das ist schade. Dürfen wir vorstellen: Karl Wendlinger. Ein moderner Driver und Gentleman.

Rückblende. Belustigtes Glucksen unter den männlichen Kollegen: «Du willst Karl Wendlinger interviewen? Dann mal viel Spass.» Was die Herren der schreibenden Zunft mir vor fast 30 Jahren zwischen den Zeilen mitteilen wollten, war, dass man dem hoffnungsvollen Piloten nachsagte, ihm jedes Wort aus der Nase ziehen zu müssen. Ein schwerer Fall. Ich habe mich damals dennoch im November 1989 auf den weiten Weg gemacht, Karl Wendlinger in Macau zu treffen, wo er einen Lauf der Formel-3-Meisterschaft bestritt, einen Stadtkurs, einer von denen, die Niki Lauda, Landsmann meines Interviewpartners, mal als gleichbedeutend mit «U-Boot Fahren in der Badewanne» verglich. Karl startete damals mit dem Marko RSM Team (dahinter verbirgt sich Dr. Helmut Marko, der heute das Red Bull Formel-1-Team berät und für die Fahrerausbildung zuständig ist) mit einem Formel-3-Auto, in dem ein Alfa-Romeo-Motor steckte. Im Starterfeld waren noch andere klingende Namen der Motorsportzukunft: Mika Häkkinen, Alessandro Zanardi, Gianni Morbidelli, Bertrand Gachot, Heinz-Harald Frentzen und auch Michael Schumacher. Alle, inklusive Karl, schafften es nicht, in den engen Gassen der portugiesischen Enklave das Rennen zu Ende zu fahren. Wendlinger wurde trotzdem Deutscher Meister der Formel 3 in dieser Saison aufgrund seiner hervorragenden Ergebnisse vorher. Wendlinger. Nicht Frentzen, der wurde 2. Und nicht Schumacher, der wurde 3.

AUSTRIAN CONNECTIONS

Das Interview sollte zu einem der eindrücklichsten meiner gesamten schreiberischen Laufbahn werden. Ich traf einen tiefenentspannten 21-Jährigen, der den ganzen Rummel um sich völlig gelassen nahm. Jedes Wort aus der Nase ziehen? Man musste nur die richtigen Fragen stellen. Der als «Kronprinz Karl» und «neuer Lauda» (für die Chronisten: Niki Lauda ist ein Österreichischer Motorsportler, dreimaliger F1-Weltmeister und beendete seine aktive Fahrer-Karriere 1985. Ihm gehören 10 Prozent des Mercedes AMG Petronas F1-Teams, derzeit erholt sich der bald 70-Jährige von einer Lungentransplantation, nötig aufgrund der Spätfolgen seines Horrorcrashs 1976 am Nürburgring, wo er beinahe im Auto verbrannte und Massen an toxischen Dämpfen einatmete) betitelte Sportler erzählte bereitwillig von seiner Kindheit, seinem Leben, seinen Welten, seinen Träumen. Davon, dass seine Mutter Traudi spätestens seit «der Bub mit vier Jahren auf seinem ersten Motorrad gegen die Tür der Werkstatt fuhr und durch die Scheibe flog» wusste, dass er nicht aufzuhalten sei. Die Eltern besassen eine Autowerkstatt zu der Zeit, Vater Karl Senior fuhr selber 20 Jahre Rennen, der Apfel fällt nicht weit von der Hebebühne. Mit 15 bekam Karl Junior das erste Kart, fuhr in der POP-Juniorenklasse, wurde 1984 Süddeutscher Kart-Juniorenmeister, 1986 Österreichischer Kart-Vizemeister. Ein Talent, das eben auch dem Österreicher Dr. Marko auffiel, der früher selbst Formel 1 fuhr und in Graz ein Hotel besass. Zusammen mit Formel-1-Pilot Gerhard Berger, ebenfalls Österreicher, der den jungen Freund mit Tipps versorgte, half er, die Karriere Karls zu forcieren.

SCHNELLE SCHULE

Zum Aufbauprogramm gehörte ein Testvertrag mit Mercedes. L-Team nannten sie es damals, drei Nachwuchspiloten wurden bei der Schweizer Rennwagenschmiede von Peter Sauber in der Sportwagenweltmeisterschaft Gruppe C drei alten Hasen an die Seite gestellt. Karls Kollegen: Fritz Kreuzpointner und Michael Schumacher. Der «Lehrer»: Motorsportlegende Jochen Mass. Ab da ging’s zügig voran mit der Karriere, das Experiment in der Gruppe C war erfolgreich, Wendlinger gewann sogar 1990 ein Rennen der World Sportscar Championship in Spa. Der stille Typ fiel auf, gewann im nächsten Jahr erneut und empfahl sich für die Formel 1, noch Ende Saison 1991 fuhr er sein Debut beim Team Leyton House am Grand Prix von Japan.

LEBEN ALS RENNFAHRER

Schnitt. Spätsommer 2018. Dass Karl Wendlinger in Arosa am Arosa ClassicCar Event vor mir steht, ist irgendwie nicht selbstverständlich. 1994 verunglückte er beim Training zum Formel-1-Rennen in Monaco schwer. An einem Rennwochenende, das sowieso schon nicht unter business as usual gelaufen war. Am F1-Rennwochenende zuvor in Imola hatte am Freitag der Brasilianer Rubens Barricello einen gigantischen Unfall wie durch ein Wunder nur leicht verletzt überlebt. Am Traingssamstag aber verunglückte Roland Ratzenberger, ein Landsmann von Karl, tödlich und am Renntag selbst Ayrton Senna. Ebenfalls tödlich. Der ganze Formel-1-Zirkus stand elf Tage später in Monaco immer noch unter Schock und musste jetzt zusehen, wie Karl Wendlinger mit seinem Sauber Formel-1-Boliden in einer Absperrung einschlug. Der, der immer gedacht hatte «Mir passiert nix!» überlebte den Unfall zwar, wurde aber mit seinen massiven Hirnschäden in ein künstliches Koma versetzt. Und findet rückwirkend beurteilt nur langsam zurück ins Leben. Karl selbst war die Ungeduld in Person. Wie ihn schon als Kind ein Flug durchs heimatliche Garagenfenster nicht stoppen konnte, wollte er auch jetzt nur eines: so schnell wie möglich wieder ins Auto. «Von aussen betrachtet war es ein Schmarrn damals», rekapituliert Wendlinger heute, «im Juni, also nur wenige Wochen nach dem Unfall, habe ich meine Eltern noch nicht wiedererkannt und im September bereits wieder im Rennauto gesessen.» Kundige Therapeuten, allen voran Professor Willi Dungl († 2002) leisteten ganze Arbeit, spätestens seitdem spult Karl brav sein Fitnessprogramm ab, früher hat er Sport als solches nicht gern gehabt. Sein Team hatte dem Rastlosen den Platz im Boliden frei-gehalten. «Aber meine Konzentrationsfähigkeit war schlecht in 1995», gibt Karl Wendlinger heute zu. Und sein Teamkollege beim Sauber Mercedes Formel-1-Team, Heinz Harald Frentzen, fuhr die besseren Rundenzeiten, dazu kam noch, dass der grossgewachsene Wendlinger einen Gewichtsnachteil gegenüber dem kleineren Frentzen hatte. Die Formel-1-Laufbahn ging zu Ende, Karl stieg um auf Tourenwagen. «1997 konnte ich mein komplettes Potenzial wieder abrufen», sagt Karl Wendlinger, das ist jetzt über 20 Jahre her. Jahre, in denen er in diversen Motorsportmeisterschaften weltweit fuhr, Jahre, in denen er auch seine langjährige Freundin Sophie geheiratet hat und zwei Kids in die Welt setzte, der Sohn ist heute 18, die Tochter 21 Jahre alt. Die Wendlinger Jungmannschaft hat nicht das Renn-Gen, der Vater unterstützt sie trotzdem in allem, was sie machen wollen. «Wie meine Eltern mich unterstützt haben», so einfach ist das. Im Fall des Sohnes ist das der Fussball, Jonas Wendlinger spielt beim 1. FC Nürnberg in der Deutschen U19.

BOTSCHAFTER UND GENTLEMAN

Karl Wendlinger ist gesprächig hier in Arosa, kein Vergleich mit dem zurückhaltenden Junior, der er vor fast 30 Jahren war. Er erzählt vom Geschäft seiner Eltern, dass er inzwischen die Werkstatt in Kufstein übernommen hat, und immer noch dort lebt. Er ist angereist als Markenbotschafter für IWC, pilotiert einen Mercedes-Benz 300 SL Flügeltürer des IWC Racing-Teams, Teammitglied ist er allerdings nicht, noch nicht, er ist praktisch ausgeliehen, einen Vertrag hat er mit AMG Mercedes. Zu so einem Event gehören auch Taxifahrten, ein paar Auserwählte durften mit Karl Wendlinger in dem einzigartigen Flügeltürer die über 7 Kilometer lange Bergrennstrecke abfahren. Das Wetter ist schlecht, es schneit und regnet im Wechsel, obwohl es erst Ende Sommer ist, den «Karli» wie ihn seine Fans gerne nennen, kümmert das nicht. Motorsport ist sein Beruf, seine Berufung, niemals wollte er etwas anderes machen. Kommt man nicht ins Grübeln, auch nicht nach so einem eigenen Horrorcrash? «Man hat seinen Weg und da kommt man nicht raus», versucht Karl Wendlinger eine Erklärung und faltet seine 1,85 Meter elegant in den silbrigen Mercedes-Benz Oldtimer. «Aber man kann es positiv gestalten.» Was er zweifelsohne tut.

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Photos Copyrights: © Dörte Welti, Pauli Mathieu Bonnevie, Dörte Welti, Pauli

SPEZIFIKATION DES SL MERCEDES-BENZ 300 SL «GULLWING»

Baujahr : 1955
Motorleistung: 215 PS
Viergang-Schaltgetriebe
Das Auto (und ein Schwestermodell) wird von HK-Engineering in Polling (D) für das Mercedes-Benz Classic Center liebevoll vorbereitet.