Ganz schnell ganz gross
Als sein Vater Entzug macht, sucht er Zuflucht und findet sie in Kochbüchern. Mit 15 eröffnet er sein erstes Pop-up-Restaurant. Heute mit zwanzig fehlen ihm nur noch die Michelin-Sterne. Flynn McGarry ist New Yorks jüngster Wunderkoch.
Seit der Eröffnung vor einem Jahr ist das New Yorker Restaurant Gem in aller Munde. Damals, kurz nach seinem 19. Geburtstag hatte Flynn McGarry den Vertrag in den Händen, nur musste ihn seine Schwester unterzeichnen, weil man mit 19 in den USA noch keine Alkohollizenz kriegt. Seither wird jeder seiner Schritte mit Argusaugen verfolgt. „Alle erwarten, dass ich scheitern werde“, sagt McGarry in einer Doku. Und einer seiner Köche pfl ichtet ihm bei: „Die wollen nicht, dass wir so gut sind, aber wir sind es trotzdem.“ Die Gastronomie ist ein beinhartes Business und insbesondere der New Yorker Markt stark umkämpft. Nirgendwo sonst kommen derart viele Starköche zusammen. Wer hier bestehen will, kann sich keine Fehler leisten. McGarry spürt den Druck, sagt aber, ohne Druck komme sowieso nichts Grossartiges zustande. Ein Satz, der charakteristisch für ihn ist.
McGarry arbeitet akribisch, 16 bis 18 Stunden täglich. Neider wie Hassmails blendet er aus. Manche nehmen es ihm übel, dass er mit zwanzig erreicht hat, wovon andere mit zwanzig zu träumen anfangen. Sie vergessen dabei, wie lange sich Flynn schon in der Kochkunst übt.
Als sich seine Eltern scheiden lassen, macht der Vater Entzug. Flynn ist einsam und die Fertigprodukte aus dem Supermarkt bald leid. Er experimentiert sich durch Kochbücher, die zu Hause rumliegen. Und auf einmal kann er an nichts anderes mehr denken. Berühmte Köche werden zu Rockstars, die er anhimmelt. Seine Obsession geht soweit, dass ihm seine Eltern auf Drängen hin eine Küche im Kinderzimmer installieren. Da steht er dann, zarte zehn Jahre jung, flambiert und karamellisiert. Sein teuerstes Objekt ist ein 300-Dollar-Sous-Vide-Garer, für den die ganze Familie zusammenlegt.

Mit zwölf startet McGarry seine Karriere als professioneller Koch. Während sich seine Schulkameraden zu Baseball Matches verabreden, tüftelt der sommersprossige Rotschopf an Rezepten. Er veranstaltet Abendessen für Familie und Freunde, serviert mehrere exquisite Gänge mit Zutaten, die Gleichaltrige nicht mal buchstabieren können. Weil es sich seine Mutter bald nicht mehr leisten kann, haufenweise Lebensmittel anzuschleppen, damit der Junge sein Können perfektionieren kann, lanciert Flynn offizielle Pop-up-Dinners.
Wunderknabe am Werk
Das New York Times Magazine feiert ihn als Entdeckung der Gastronomie, da ist er gerade mal 15. Das Cover zeigt den Wunderknaben am Werk, hochkonzentriert. Zeitgleich eröffnet er im West Village sein erstes Pop-up-Restaurant Eureka. Journalist Christopher Noxon schreibt nach einem Besuch für den New Yorker von Momenten, da er dachte: Verdammte Scheisse, etwas Besseres hab ich nie im Mund gehabt!

Und jetzt das Gem. Die meisten Gerichte serviert Flynn selbst wie damals bei sich zu Hause. Eine ungezwungene Atmosphäre ist ihm wichtig, beim Essen soll man sich wohl fühlen. Ein typisches Abendessen im Gem besteht aus 12 bis 15 Gängen, für die man sich zwei Stunden Zeit gönnen sollte. Die Kosten belaufen sich dabei auf 200 Dollar. In New York gebe man schnell dieselbe Summe für ein gutes Essen oder anderes aus, rechtfertigt McGarry den Preis. Liest man Rezensionen von Leuten, die da waren, überschlagen sich die Superlative, von kulinarischer Entdeckung ist die Rede, von explosiven Erfahrungen. Im Moment, sieht es nicht danach aus, als ob er jemals scheitern würde …
Flynn McGarry kommt erstmals in die Schweiz. Im Rahmen des Gourmetfestival `19 kocht das «culinary wunderkind» vom 8. bis 9. November 2019 auf der Excellence Princess während einer Flussfahrt von Basel nach Strassburg und wieder zurück. Weitere Infos und Tickets auf: www.mittelthurgau.ch.
Photos Copyrights: Restaurant Gem, Joshua Aronson, mittelthurgau.ch, Angela Pham/BFA.com