Mit 2 Klicks zum Ressourcen-Pionier

Das Leben hat, auch für einen verwöhnten Kater wie mich, nicht immer nur Positives zu bieten, doch hin und wieder gibt ein Schuss vor den Bug einen Impuls das Leben wieder in geregelte Bahnen zu leiten und richtig Grosses zu schaffen.
Seit geraumer Zeit betäubte ich meine Alltags-Langeweile mit onlineshoppen. An jenem schicksalshaften Morgen berichtete Adam aufgebracht, dass seine Kreditkarten allesamt gesperrt worden seien, da offensichtlich ein irrer Hacker sein Konto plündere. Bis die Sache geklärt sei, müsse er sich mit Bargeld behelfen, das er nun steinzeitlich von der Bank holen müsse. „Wehe, wenn der Kater was damit zu tun hat“, grummelte er, während er eiligen Schrittes für ein paar Tage zu einer Dienstreise verschwand. Kaum war er weg, gellte ein verzweifelter Schrei durch´s Haus. Mein kleines Hobby war also aufgeflogen. Ich war einkommenslos, so blank, wie ein Kater nur sein kann.
Seufzend, mit der Last einer enttäuschten Freundschaft auf den Schultern, schlurfte ich zum Fenster und stierte in den Garten.Über die Terrasse hatte sich eine Ameisenstrasse gebildet.->

Wie ferngesteuert krabbelten diese in Reih und Glied und schleppten allerlei Ballast auf ihren filigranen Körpern.
Ich würde arbeiten müssen wie ein würdeloser Streuner, schoss es mir durch den Kopf, während mir der kalte Schweiss auf der Stirn stand. Aber was? Gedankenverloren durchblätterte ich die Zeitung, diese steinzeitliche Hardcopy, in Richtung Stellenanzeigen. Bei einer Schlagzeile blieb ich hängen: Ressourcen nutzen! Second Hand und Vintage sind der Trend des Jahres! Wie sie mit ihrem Kleiderschrank Geld verdienen können.
Second Hand klang nach Museum, Vintage hörte sich schon frischer an und Ressourcen war schon fast Musik in meinen Ohren. Irgendwie gewinnbringender.
Mit einem dynamischen Satz sprang ich zum Laptop und tippte „Vintagemode verkaufen“ in das freundlich blinkende Suchfeld. Sekunden später gelangte ich auf eine Plattform, die sich für den Kauf und Verkauf von allerlei Markenkram spezialisiert hatte. Markenkram hatten wir reichlich angehäuft, man musste den Schatz eigentlich nur noch heben.

Die folgenden Stunden tobte ich wie ein Besessener durchs Haus, fischte Trenchcoats, untragbare Hemden, Schuhe, Parfums, Taschen und einige erlesene Uhren, die in kleinen hübschen Boxen geschlummert hatten, auf einen gigantischen Vintage-Ressourcen-Berg.
Was soll ich sagen, das Geschäft lief blendend. Die Crowd war offensichtlich verrückt nach diesem Zeug. Und all das mit nur wenigen Klicks vom Wohnzimmertisch aus. „Tomcat-Vintage“, hatte sofort einen exzellenten Ruf und nachdem ich alles mehr oder weniger Entbehrliche verkauft hatte, kaufte und verkaufte ich, wonach der Markt verlangte. Mit blendendem Gewinn, wie ich anmerken möchte. Schon nach zwei Tagen hatte ich so viel verdient, dass ich eine beträchtliche Summe auf Adams Konto überweisen konnte und die Putzfrau lag mir zu Füssen, nachdem ich sie mit einem schicken Chanel-Täschchen bestochen und->

ihr eine Gehaltserhöhung für den Mehraufwand der Postgänge versprochen hatte. Ich war mit ein paar Klicks ein äusserst erfolgreicher Unternehmer geworden.
Ende der Woche kam Adam freudestrahlend von seiner Dienstreise nach Hause und berichtete, dass das Konto wieder komplett ausgeglichen sei. „Der Kerl muss ein schlechtes Gewissen gehabt haben oder er hat im Lotto gewonnen“, meinte er fröhlich vor sich hinpfeifend.
„Wahrscheinlich Lotto“, meinte ich und ging auf leisen Sohlen zu meinem Platz am Fenster. Plötzlich hörte ich Adams schwache Stimme aus dem leeren Schrankraum hallen: „Oh Gott, wieso ist hier alles leer?“
„Vielleicht Einbrecher“, tippte ich voll Mitgefühl und beobachtete interessiert die fleissigen Ameisen bei der Arbeit.

Copyrights: Manuela Dona

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