Im Jahr 2009 präsentierte Porsche mit dem Gran Turismo Panamera das erste serienreife viersitzige Modell der Unternehmensgeschichte. 12 Jahre später ist klar, das Risiko hat sich gelohnt.
Knapp eine Viertelmillion verkaufte Exemplare sind eine klare Antwort: Dieser letzte Versuch hat sich gelohnt. Denn als man im Jahr 2009 den Gran Turismo Panamera präsentierte, war mancher Porsche-Fan nicht sofort begeistert. Eine Limousine mit grossem Kofferraum und Platz für 5 Personen? Solch ein Modell durfte doch nicht den Namen Porsche tragen. Porsche und vor allem das Modell 911 gelten als Synonyme für Sportwagen und zweisitzig – Notsitze sind ja nicht wirklich Sitze. Und einen Kofferraum braucht es auch nicht wirklich, die unter der Motorhaube versteckten PS machen es möglich, an nur einem Tag die halbe Welt zu bereisen.
Und dennoch war man im Jahr 2009 bereit, in Serie zu gehen. Und zwar mit einem Modell, das sportwagentypische Performance mit dem Luxus und der Variabilität einer Reiselimousine kombinierte. Und weil das aussergewöhnlich war, schaute man auch bei der Präsentation keine Mühen. Medien aus aller Welt fanden sich am 19. April 2009 in der 94. Etage des World Financial Centers in Shanghai ein, um die Premiere des Panamera zu feiern. Die Fahrt im Aufzug und in diesem Fall auf 400 Meter Höhe dauerte nur eine Minute.
Dass den Tag über rund 60 Mitarbeiter über mehrere Stunden und mithilfe eines Schlittens das Auto hochkant oder wie auch immer in den Aufzug und nach oben gebracht hatten, ahnte da niemand.
Dr. Michael Steiner, Porsche-Vorstand für Forschung und Entwicklung, damals erster Baureihenleiter des Panamera, vor dem Hintergrund der Körpergrösse Wiedekings und dessen fester Zielsetzung, dass der Panamera nicht länger sein dürfe als fünf Meter, aber dennoch das absolute Maximum an Raum bieten müsse:
Es klappt nicht immer beim ersten Versuch
G1 hiess intern das erste Panamera-Modell, von dem final insgesamt weltweit mehr als 161’000 Exemplare verkauft wurden, bevor das Model einen Nachfolger bekam. Der G1 hatte übrigens schon diverse Vorgänger, die aber eben über den Status «Prototyp» nicht hinauskamen. Dieser Gedanke «Ein Porsche für vier» kam zum ersten Mal in den 1950er- Jahren auf. Auf Basis des 356 wurde ein Auto geschaffen, dass einen verlängerten Radstand besass, vergrösserte Türen und ein angehobenes Dach im Fond.
Der Typ 530 wurde aber schnell wieder in der Schublade versenkt, um dann rund 30 Jahre später einen um 250 Millimeter verlängerten 928 zu kreieren, den Ferry Porsche als Geschenk zu seinem 75. Geburtstag bekam und den er viele Jahre gerne, schnell und häufig fuhr. In die Läden kam er aber nicht, genauso wenig wie sein Nachfolger, der 989. Die hohen Entwicklungskosten machten dem Projekt des viertürigen Porsche erst einmal ein Ende. Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Doch Aufgeben ist auch keine Option
Anfang des neuen Jahrtausends wurde dann nach zahlreichen Marktforschungen beschlossen, doch noch einmal einen Versuch zu starten. Nicht zuletzt war es Dr. Wendelin Wiedekings, ehemaliger Vorsitzender des Vorstands bei Porsche, «Verdienst», dass man doch noch einmal über einen Porsche mit vier Sitzen nachdachte. Dazu eine Anekdote von Dr. Michael Steiner, Porsche-Vorstand für Forschung und Entwicklung und erster Baureihenleiter des Panamera: „Es ist tatsächlich so, dass Dr. Wiedeking in Sitzkisten und später auch in Baustufenfahrzeugen mehrmals Platz nahm, und das in der Regel hinten. Dort bat er sich so viel Raum aus, wie er es mit seiner Körpergrösse als angemessen betrachtete. Das Hintensitzen war eine völlig neue Erfahrung für uns alle. Dr. Wiedeking gab sogar einmal den Auftrag, ihm von hinten einen Bericht zu schreiben, um zu sehen, wie sich das so anfühlt. Diese Erfahrungen brachten uns viel für die Entwicklung. Wir lernten zu schätzen, dass man zu viert im Auto sitzen und sich auch bei sehr hohen Reisegeschwindigkeiten in der Kabine normal unterhalten kann. Der Hochgeschwindigkeitskomfort des Panamera war phänomenal.“
Das beste eines Trios in nur einem Auto umgesetzt
Am Ende hörten die drei Konzepte für den ersten serienreifen 4-Türer und -Sitzer von Porsche auf die Namen: Mirage, Meteor und Phantom. Das Ziel war es, eine Fliessheck-Limousine zu erschaffen, die mit Fahrdynamik und Platz überzeugt, auf der aber garantiert der Schriftzug «Porsche» seine Berechtigung hat. Michael Mauer, Leiter Style Porsche, erinnert sich: «Wir wollten einen viersitzigen Sportwagen mit schneller Dachlinie, grosser Heckklappe und Fliessheck bauen.» Und getreu dem Motto «Aus drei mach eins» wurden die besten Elemente der drei Konzeptmodelle zu einem Gesamtwerk zusammengefügt und das erhielt den Namen «Panamera», abgeleitet vom mexikanischen Langstreckenrennen «Carrera Panamericana», bei dem nur 5-sitzige Limousinen an den Start gelassen wurden.
Sportlich schliesst ökologisch nicht aus
Bis heute hat sich der Panamera rund eine Viertelmillionen Mal verkauft. Wobei nicht nur das Modell G1 zahlreiche Nachkommen erhielt, sondern im Jahr 2016 eine komplett überarbeitete Modellgeneration von Band lief. Noch sportlicher und eleganter, aber nicht weniger Porsche. Denn auch wenn ein Panamera gefühlt schon ein wuchtiger Geselle mit nicht zu unterschätzendem Ausmass ist – vor allem beim Einparken in engen Tiefgaragen – ist und bleibt er ein Sportwagen. Und auch dann, wenn er sich nicht mehr von Benzin ernährt, sondern hybrid unterwegs ist. Porsche bezeichnet es als «einzigartige Symbiose der Gegensätze». In Kombination ergibt der 136 PS-starke und in das Achtgang-Doppelkupplungstriebe eingebaute Elektromotor des Panamera 4S E-Hybrid mit dem V6-Biturbo-Aggregat von 440 PS eine Gesamtleistung von 560 PS. Da soll noch einmal sagen, dass sich Sportwagen, Limousine und Elektro-Modelle ausschliessen.
Sportlich ist weiterhin die Messlatte
Gefertigt werden die Panamera-Modelle – Hybride wie Non-Hybride – mittlerweile in Leipzig und man ist sich sicher, dass der erste vollelektrische Kompakt-SUV noch in diesem Jahrzehnt dort seinen Geburtstag feiert. Auf der anderen Seite aber steht Porsche für PS und Sportlichkeit. «Den Weg der Integration setzen wir konsequent fort», sagt Albrecht Reimold, Vorstand Produktion und Logistik der Porsche AG. «Durch den Ausbau schaffen wir die Möglichkeit, künftig Benzin-, Hybrid- und reine Elektrofahrzeuge auf einer Linie zu fertigen.» Und daher wird auch der Panamera mit jedem Modell ein wenig stärker. 700 PS ist derzeit die Messlinie und niemand fragt mehr, ob der Panamera wirklich den Namen Porsche verdient. Er hat ihn sich verdient – auf der Überholspur.
Fotos: Porsche