Eine Menge nackter Frauen, rasend schön, geht stolz auf einen zu, mit allem offenbart, was ihr Körper an optischen Reizen zu bieten hat. Frauen, die sich selbstbefriedigen, Frauen, dich sich gegenseitig auspeitschen. Es sind Fantasien eines alten Mannes, der sie in fotografische Kunstwerke umwandelt. Helmut Newton verehrt den weiblichen Körper. Feministinnen verachten ihn dafür. Obschon Newton die Frauen immer so zeigt, wie diese sich selbst gern sehen, als starke, selbstbewusste Individuen, niemals als Opfer, darüber hinaus aber auch so wie Männer sie gern sehen, ebenso stark, ebenso selbstbewusst und dann eben auch nackt. Als Helmut Newton in den Fünfzigern für dir britische Vogue Bilder schiesst, bringt er den Sex in die Modefotografie. Der Legende nach, fliegen beim Anblick seiner Abzüge schon mal Telefone durchs Fenster. Das Entsetzen ist gross. Mit den Jahren wird es sich legen und der Visionär hinter der Linse auf einen Sockel gestellt. 2004, im Alter von 82 Jahren, stirbt Newton bei einem Autounfall. Ironischerweise ist seine Kunst heute aktueller denn je. Erst erschien bei Taschen „Pages from the Glossies“. Eine Hommage an seine Arbeiten für die Print-Medien mit über 500 Originalseiten aus zahlreichen Magazinen und spannenden, charmant formulierten Anmerkungen Newtons. Seine Faszination für den weiblichen Körper wird darin mehr als deutlich. Auch wenn Newton zu Lebzeiten längst nicht nur das schöne Geschlecht inszenierte, seine Blumen- und Bäume-Bilder wollte lediglich nie jemand sehen.

Author