Schach spielen ist einfach und dennoch kompliziert, denn nicht Glück, sondern Denken führt zur gewonnenen Partie.
Dein Spiel ist nur so gut wie dein schlechtester Zug
(Dan Heisman)
Schach ist relativ einfach zu lernen, da es auf einigen wenigen Regeln beruht. Trotzdem ist es eines der komplexesten Brettspiele der Welt. Bereits nach zwei Zügen können über 70‘000 verschiedene Stellungen entstehen. Die Zahl der möglichen Spielverläufe ist um ein Vielfaches höher. Ein guter Schachspieler muss daher möglichst viele Stellungen kennen, um möglichst viele Züge des Gegners vorauszuahnen. Neben Wissen und Kombinationsfähigkeit braucht man also eine gute Portion Intuition. Aber was macht die Faszination dieses uralten Spiels aus, das mit seinen unzähligen Spielverläufen nur ein Ziel hat, nämlich den gegnerischen König zu besiegen?

MADE IN INDIA
Die Existenz des Schachspiels lässt sich bis ins Jahr 500 nach Christus zurückverfolgen. Wie und wo es genau entstand, ist unklar. Da die Grundstellung der Schachfiguren der Personen-Stellung des damaligen indischen Heeres entspricht, vermutet man, dass es sich von Nordindien aus in alle Himmelsrichtungen verbreitet hat. Seinen Namen verdankt es jedoch den Persern: „Schah“ ist noch heute das persische Wort für „König“; „«matt“ bedeutet im Persischen „hilflos“. Das moderne Schach ist in fünfzehnhundertjähriger Entwicklung um die ganze Erde gewandert. Dabei flossen Regeln, Symboliken und viele nationale und kulturelle Eigenarten östlicher und westlicher Kulturen in das Spiel ein. Am beliebtesten war das Spiel bei Rittern. Bereits im 11. Jh. gehörte es neben Reiten, Schwimmen, Schiessen, Ringen, Vogelfang und Saitenspiel zu den sieben Künsten der Ritter. Im Gegensatz zu den anderen Ritterkünsten war Schach ein Zimmersport für Winterabende und schlechtes Wetter. Spätestens gegen Ende des 13. Jh. hatte sich das Schach vom Hofe bis in die Hinterhöfe durchgesetzt.

DAS SPIEL DER INTELEKTUELLEN
Wer sich bis ins 18. Jahrhundert hinein mit Schach beschäftigte, gehörte jedoch in der Regel zu einer bevorzugten Minderheit, die aufgrund von Vermögen und Bildung aus der breiten Masse herausragte. Schach galt als etwas Besonderes, als luxuriöser Zeitvertreib für Nichtstuer. Und Zeit braucht man für dieses Spiel, bedenkt man, dass die längste Schachpartie mit 269 Zügen mehr als 20 Stunden dauerte. Auch Denker wie Voltaire, Jean-Jacques Rousseau oder Napoleon Bonaparte bemühten sich angestrengt, ihre Spielstärke im Schach zu verbessern. Sie besuchten häufig das Pariser Café de la Régence, wo François André Philidor und andere Meister ihrer Zeit verkehrten. Und auch heute setzen noch viele Menschen auf das „Spiel der Könige“. Denn wie schon Schopenhauer fand: „Das Schachspiel übertrifft alle anderen Spiele so weit wie der Chimborasso einen Misthaufen.“
MANN GEGEN MASCHINE
Schach war sehr lange Zeit der Massstab für die künstliche Intelligenz. Programme wie „Fritz Schach“ können deshalb so gut spielen, weil der Computer in einer Sekunde mehrere Millionen Stellungen analysieren kann. Der Rechner Deep Blue, der 1997 den damaligen Schachweltmeister Gary Kasparow schlug, schaffte sogar 100 Millionen Stellungen pro Sekunde. Trotzdem gab es erst wenige Siege von Computern über Profi-Schachspieler. Menschen denken zwar langsamer als Computer, aber scheinbar nicht weniger effektiver. Niemand wird Schach je komplett beherrschen – mit seinen Eröffnungen, Tricks und Millionen von Spielverläufen. Aber wahrscheinlich macht gerade das seinen ganz besonderen Reiz aus.
SIEG FÜR WEISS
Statistisch gewinnt Weiss häufiger als Schwarz, nämlich circa 54 Prozent der Partien. Dieses wird damit begründet, dass Weiss die Partie eröffnet und somit bei der Entwicklung der Figuren einen Tempovorteil hat.
SCHACHSYMPHONIEN
Eine ganz besondere Art des Schachspiels ist die Kunst des Problemschachs. Im Unterschied zum Partieschach spielen hier nicht zwei Parteien gegeneinander, sondern ein Schachkomponist entwirft und veröffentlicht eine Aufgabe, die zu lösen ist. Sprich: Schach ohne Partner. So geht es bei der Schachkomposition vor allem um ästhetische Kriterien.
Es gibt keine guten oder schlechten Spieler. Es gibt nur gute oder schlechte Züge.
Siegbert Tarrasch
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