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«MC Eyewear» ist das Gemeinschaftswerk des Künstlers Michel Comte und des Optikers Zwicker. Drei Brillenmodelle, die sowohl als optische, aber auch als Sonnenbrille getragen werden können.

Eigentlich wollte Michel Comte nur etwas essen, doch dann traf er in der Zürcher Kronenhalle auf Yves Saint-Laurent. Comte, damals 18 Jahre alt, war beeindruckt. Von Saint-Laurent selbst, aber noch mehr von dem, was dieser auf der Nase trug. Die Brille des Modedesigners faszinierte ihn so sehr, dass er danach ein eigenes Modell entwarf und dieses beim ältesten Optiker in Zürich – Optiker Zwicker – verwirklichen liess. Seitdem hat er sich noch viele weitere individuelle Brillen anfertigen lassen, an verschiedenen Orten und in den unterschiedlichsten Stilen. Nun aber hat er gemeinsam mit Optiker Zwicker ein Gemeinschaftswerk geschaffen: die Kollektion «MC Eyewear». Drei Modelle, von Comte designt und von Zwicker in Perfektion umgesetzt.

Der Clou: Jedes Modell kann sowohl als optische wie auch als Sonnenbrille angefertigt werden. Die Quintessenz: Comte kehrt zu seinen Wurzeln zurück. Und das freut ihn wie auch den Inhaber von Optiker Zwicker, Daniel Halder: «Es ist eine grosse Freude, Teil seiner Geschichte zu sein und diese brillanten Designs exklusiv anzubieten.» Und Comte selbst meint: «Heute bin ich zurück in meiner Heimatstadt und habe das Glück, mit Optiker Zwicker – wo alles begann – zusammenzuarbeiten und eine spezielle Brillenkollektion ins Leben zu rufen.»

Einzigartigkeit im Blick

Sowohl für Comte als auch für Zwicker ist eine Brille mehr als eine Sehhilfe. Sie ist ein Zeichen von Persönlichkeit und betont den Charakter eines Menschen. «Die Brillen dieser Kollektion sind für Menschen, die ein Statement setzen möchten», betont der Künstler daher auch. «Sie sind für alle, die wissen, dass eine Brille nicht nur die Sicht verbessert, sondern auch die Persönlichkeit unterstreicht.» Inspiriert sind die Modelle von einer Brille, die Comte selbst über viele Jahre trug und die zu einer wichtigen Begleiterin wurde. Eine Brille, die er zufällig in einem Vintage-Shop entdeckte, die ihn aber genauso in ihren Bann zog wie einst die Brille von Saint-Laurent.

Die Brillen selbst überzeugen vor allem durch Fassung – filigran sind sie nämlich nicht. Sie sind Hin- wie Durchgucker. Und sie tragen zudem besondere Namen: Nearco, Luna und Bianca. Benannt wurden die drei Modelle der Kollektion nämlich nach bedeutenden Persönlichkeiten im Leben Comtes: Nearco war sein Rennpferd, Luna hiess sein Hund und seine Katze nannte er Bianca, als Tribut für die Sozial- und Menschenrechtsaktivistin Bianca Jagger.

Photos Copyrights: Michel Comte, Optiker Zwicker

Aussergewöhnlich. Experimentell. Exklusiv.

«Bucherer exclusive» steht für eine eigene Edition des Schweizer Luxusretailers und zugleich für hochwertige Uhrmacherkunst. Erhältlich sind die Zeitmesser namhafter Manufakturen als Sonderanfertigungen und teilweise stark limitiert.

Perfektion und Einzigartigkeit sind zwei der Grundpfeiler der Uhrmacherkunst. Etwas, was das Schweizer Traditionshaus Bucherer wertschätzt. Wer sich in Zürich auf die Suche nach der perfekt zu ihm passenden Uhr macht, wird daher genau hier fündig – im fünfstöckigen Gebäude an der Bahnhofstrasse 50. «Bucherer Exclusives» steht auch für handwerkliche Präzision, unverkennbares Design und Finesse. Die exklusiven Stücke, die zudem fast alle limitiert sind und die Bucherer in einer exklusiven Partnerschaft mit namhaften Manufakturen wie z. B. H. Moser & Cie. oder Ulysse Nardin kreiert hat. Rund 40 ganz besondere Modelle sind bislang entstanden und das bringt Liebhaberinnen und Liebhaber schöner Zeitmesser ins Schwärmen. Aussergewöhnlich, experimentell und exklusiv eben.

Girard-Perregaux

Beginnen wir mit der Sonderedition des Laureato Chronographen von «Girard-Perregaux». Die über 200 Jahre alte Manufaktur mit Sitz in La Chaux-de-Fonds steht sinnbildlich dafür, dass ein Zeitmesser so viel mehr ist als die Antwort darauf, wie spät es ist.  Das Ziffernblatt dieser Special Edition trägt ein silbernes «Clous de Paris»-Muster und verfügt über blaue Hilfsziffernblätter, also farblich angelehnt an Bucherers Signaturfarben.

Seine charakteristischen Eigenschaften – wie vor allem die erhöhte, achteckige Lünette – trägt das Modell jedoch natürlich weiterhin stilvoll zur Schau, schliesslich macht es die seit 1975 erhältliche Laureato-Kollektion zu einer der beliebtesten der Marke «Girard-Perregaux». Gleiches gilt für den nahtlosen Übergang des Stahlgehäuses und -armbandes. Für alle, die auf Extravaganz am Handgelenk stehen, ist dieses Sondermodell definitiv einen zweiten Blick Wert.

Breitling

Ein weiteres Meisterwerk, diesmal aus dem Hause Breitling, hat ebenfalls dank der Kollektion «Bucherer Exclusive» ein neues Gesicht bekommen. In diesem Gemeinschaftsprojekt von Bucherer und Breitling wurde die «Superocean» als stilvolles Terzett in drei Varianten neu aufgelegt. Die «Superocean Automatic 44» überzeugt mit hellblauem Zifferblatt und Keramikeinsätzen. Gleiches gilt für die kleinere Schwester, die sich mit einem Durchmesser von 36 mm auch an etwas schmalere Handgelenke anschmiegt. Und die dritte Uhr in der Kollektion ist die «Superocean Automatic 42». Eine Minutenskala in Burgunderrot sowie eine Lünette in Rotgold machen sie zu einem echten Hingucker. Jedes Modell ist jedoch nur 88-Mal erhältlich, Breitling-Fans sollten sich also sputen.

Die Geschichte der «Superocean» ist übrigens legendär, war sie doch die erste Taucheruhr, die Breitling auf den Markt brachte und das Unternehmen und seine Ausrichtung nachweislich prägte. Denn ob Tauchen, Schwimmen oder Segeln, der Wunsch nach einem zuverlässigen Begleiter beim Wassersport gewann zur damaligen Zeit, also in den 1950er-Jahren, zunehmend an Bedeutung. Und Breitlings «Superocean» lieferte eine stilvolle Antwort. Über die Jahre wurde das Modell Step by Step modifiziert, was vor allem mehr Technik und eine noch bessere Lesbarkeit bedeutete. Schlussendlich wurde die «Slow Motion»-Version geboren, die bis heute an ihrer Popularität nicht verloren hat.

L’Epee 1839

Und ja, wenn wir von Zeitmessern reden, dürfen wir auch an Zeitreisen denken. Mit der «Bucherer Exclusive Time Machine» hat Bucherer diese aus Science-Fiction-Filmen bekannte Illusion in Form einer Tischuhr lebendig gemacht. Oder anders, sie gemeinsam mit der Marke L’Epée 1839 zum Leben erweckt. Die mechanische Skulptur erinnert sehr an eine Zeitkapsel. Der faszinierende Look, das futuristische Design und die beweglichen Elemente der Skulptur verbinden sich gekonnt mit allen Raffinessen der Uhrmacherei. Die Zeitkapsel – Glasröhre, Zeitanzeige sowie das gesamte mechanische Werk – lässt sich in Rotation versetzen. Dieser Zeitmesser gehört auf jeden Fall zu den aussergewöhnlichsten Objekten der «Bucherer Exclusive»-Kollektion und zu den neusten. Das Sammlerstück ist limitiert auf 20 Exemplare weltweit.

Photos Copyrights: Bucherer

Beschwörer des Lichts – Sigurd Larsen

Als einer der talentiertesten Architekten Deutschlands gestaltet Sigurd Larsen aussergewöhnliche Häuser und Hotels. Sein Design-Studio verbindet die Ästhetik hochwertiger Materialien mit Funktionalität und komplexen Kontexten. Besonders wichtig ist ihm bei der Gestaltung der Umgang mit Tageslicht und die Einbettung des Gebäudes in ein starkes Narrativ.

Du bist in Dänemark geboren, warum hast Du Dir Berlin als Wahlheimat ausgesucht?
Sigurd Larsen: Ich bin hier aus pragmatischen Gründen gelandet. Nach meinem Studium in Kopenhagen bekam ich in Berlin meinen ersten Job, war sowieso oft hier und fand die Stadt toll. Und schliesslich hat jeder bekannte Däne mal eine gewisse Zeit in Berlin gelebt, von Sören Kierkegaard bis Hans Christian Andersen. Reist man von Kopenhagen nach Süden, ist Berlin die erste Grossstadt, ich bin also nicht weit weg. Meine Eltern wohnen in Aarhus. Ob sie meine Schwester in Kopenhagen oder mich in Berlin besuchen, ist in der Distanz kaum ein Unterschied. Ich musste mich hier nur an die andere Kultur und Sprache gewöhnen.

Nach welchen Regeln oder Werten gestaltest Du Deine Projekte?
Es gibt kein vorgegebenes Format, wo ich sage, es muss so oder so sein, damit es ein Projekt von unserem Büro ist. Das vermeide ich sogar. Ich bin viel zu neugierig, immer wieder Neues auszuprobieren. Aber wenn wir darüber sprechen, dass ich aus Dänemark komme, liegt ein Fokus meiner Projekte auf dem Tageslicht und generell dem Umgang mit Licht, mit Materialien von solider Langlebigkeit. Auch auf eine hohe handwerkliche Qualität lege ich sehr viel Wert. Teilweise hat das mit meiner Herkunft zu tun, aber ich glaube, ein Japaner oder eine Schweizerin können das Gleiche über ihre Heimat sagen.

Du hast kürzliche das Lakehouse im Westen Berlins fertiggestellt, was war die Gestaltungsidee?
Das Lakehouse ist eine öffentliche Einrichtung für Sport und Bewegung, man kann das Haus auch für Seminare, Events oder Ausstellungen mieten. Es ist ein toller Ort an einem See an der Grenze zu Brandenburg. Es besteht aus mehreren kleinen Volumen, sodass Veranstaltungen auch gleichzeitig stattfinden können. Zudem erreicht man so einen Massstab, der sich eher wie ein grosses Haus mit Küche als wie eine Flughafenlobby anfühlt und das war die Absicht. Es gibt natürlich auch das Spiel mit dem Tageslicht: Auf einer Seite des Gebäudes scheint die Sonne morgens durch einen Wald – unfassbar schönes Licht. Es bewegt sich im Laufe des Tages um das Gebäude herum, das in alle Richtungen zum See aufgefächert ist. Und es gibt einen schön eingerahmten Sonnenuntergang. Das ist ein schönes Erlebnis, wenn die Sonne tief steht, die Sonne durch die Baumkronen scheint und im See reflektiert. Deswegen haben wir diese grossen Fenster eingebaut, um das schön filtrierte Licht gut aufzufangen. Ausserdem wurde das Haus von einer Schweizer Firma aus extrem vorgefertigten Holzelementen gebaut, es sollte state of the art sein, schon mit integrierten Stromkabeln.

Lakehouse, Berlin

Spannend! Ganz anders sieht Dein eigenes Haus in Griechenland aus.
Ja, es heisst Piperi was auf Griechisch Pfeffer bedeutet – der Name kommt von der kleine Insel, auf der das Haus steht. Ich habe mich total in das Grundstück und die Ausblicke auf diese unbewohnte Insel verliebt. Das Haus ist Richtung Osten zum Sonnenaufgang ausgerichtet, auf der anderen Seite kann man den Sonnenuntergang geniessen. Das ist wunderschön. Es gab dort allerdings einen strengen Bebauungsplan, einen der strengsten Europas. Piperi ist eine sehr gut erhaltene kaum touristische Insel. Alle Häuser sind weisse Kuben mit weissen Treppen und so wollte ich mein Haus auch gestalten, wenngleich ich auch dazu gezwungen war, aufgrund der lokalen Baukultur. Es gibt auch Regeln zu den Proportionen, den Fenstern und allem möglichen. Wir wollten ein Haus bauen, das das gleiche spannende, fast labyrinthische Gefühl vermittelt wie die kleinen griechischen Dörfer mit ihren unzähligen Treppen. Es war extrem interessant, sich mit der Baukultur und dem lokalen Handwerk zu beschäftigen.

Piperi, Griechenland

Und was war die Herausforderung beim Glashaus in der Uckermark?
Das Glashaus ist ein Wochenendhaus für eine Familie aus Berlin, das auch vermietet wird. Die Idee war, dass man aus Berlin kommt, durch die Tür tritt und plötzlich in dieser anderen ruhigen Welt ist und die Landschaft betrachtet. Wir wollten einen Mehrwert mit dem Dachboden schaffen, stellten fest, dass die Aussicht dort oben extrem schön ist und so entstand die Idee des transparenten Daches. Statt Ziegelsteinen verwendeten wir Glas, ansonsten ist es eine typische Holzdachkonstruktion. Unsere Fotografen kamen eines Tages mit unfassbar tollen Bildern vom Sonnenuntergang zurück, der das ganze Haus wie Ayers Rock in Australien erscheinen liess, von gelb über rot bis lila. Der Effekt war uns beim Bau ehrlich gesagt gar nicht so bewusst und ist viel besser geworden, als wir dachten.

Glashaus, Landkreis Uckermark

Was denkst Du, wie werden wir in Zukunft wohnen, was wird sich verändern?
Die letzte kleine Wohn-Revolution gab es während der Pandemie, als plötzlich alle zu Hause mit einem Home Office ausgestattet wurden. Zuvor sprach man viel darüber, dass Büros heimeliger sein sollen und plötzlich kam die Bewegung tatsächlich Richtung Zuhause. Wichtig ist aber auch, wie wir unsere Häuser bauen: Wir sehen bei den jungen Generationen, dass sie heute deutlich kleinere Häuser bauen möchten, mit weniger Material. Das muss möglich gemacht werden, damit sie genehmigungsfähig sind.

Du gestaltest auch Hotels, aktuell eines auf Kreta. Was macht für Dich ein gelungenes Hotel aus?
Ein richtig gutes Hotel muss immer ein Thema haben. Das muss nicht gross sein. Beim Michelberger Hotel im Spreewald ist das Thema beispielsweise Gastronomie und alle Materialien des Gebäudes wurden – ähnlich wie Lebensmittel – aus der Erde gehoben, gebacken, gebrannt oder geölt. Man spürt die Verbindung zwischen Gastronomie und Architektur und kann sich in dem grossen Garten nebenan selbst versorgen. Die Gäste schlafen unter dem Dach, sind am Morgen direkt mit dem grossen Gemeinschaftsraum verbunden und man riecht, wie dort das Frühstück zubereitet wird. Man lebt mittendrin und schaut die ganze Zeit auf den Garten, wo man alles probieren, riechen und anfassen kann. Das ist ein klares Thema für ein Hotel und es funktioniert wunderbar.

Photos Copyrights: Tobias Koenig, Michael Romstoeck

Blick des Künstlers auf sich selbst

Tobias Rehbergers bisher persönlichste Ausstellung in Kopenhagen zeigt neben seinen Kunstwerken und Schnappschüssen auch Objekte, die er über die Jahre hinweg «angehäuft» hat, wie er sagt. Warum? Das erzählt er uns im Interview.

Über zwei Etagen und bis auf den Vorplatz des Museums erstreckt sich Tobias Rehbergers große Retrospektive „through the back side of my eyes“ im Kunstforeningen GL Strand in Kopenhagen, die bis zum 14. Januar 2024 zu sehen ist. Der Künstler gilt als einer der einflussreichsten seiner Generation und erhielt 2009 den Goldenen Löwen auf der 53. Kunstbiennale in Venedig. Im Zentrum seines Interesses stehen das Spiel mit der Wahrnehmung und die Möglichkeit, Dinge neu und anders zu sehen, zu erfahren und zu interpretieren.

Was erwartet die BesucherInnen in Ihrer Ausstellung in Kopenhagen?
Ich habe mich entschieden, Werke aus den letzten 30 Jahren zu zeigen, die zum Teil schon mal ausgestellt wurden, das sind alles Arbeiten, die ich für mich behalten hatte. Wenn man eine Serie mit mehreren Arbeiten macht, behält man ja das eine oder andere für sich selbst. Da die Ausstellung im großen ehrwürdigen Kunstforeningen GL Strand stattfindet, das früher privat genutzt wurde, gefiel mir die Idee, auch etwas «Privates» zu machen. Ich habe etwas recherchiert und keine anderen KünstlerInnen gefunden, die vor mir eine Ausstellung dieser Art gemacht hätten: Es geht um den Blick des Künstlers auf sich selbst, wenn er bestimmte Arbeiten von sich aussucht. Darüber hinaus gibt es in der Ausstellung noch zwei weitere Ebenen. Zum einen zeige ich Dinge, die ich im Laufe der Zeit angesammelt habe, die keine Kunst sind – beispielsweise meine Kochbuch-Sammlung, meine Teekannen- Sammlung – wobei ich sagen muss, dass das keine kuratierten Sammlungen sind, sondern Objekte, die ich gut fand und deshalb angehäuft habe. Als Fußnote dazu sind Fotos von mir zu sehen, die nicht entstanden sind, um ausgestellt zu werden, sondern Schnappschüsse, wie sie andere auch machen.

Und die vierte Ebene der Ausstellung ist das Kunstwerk vor dem Museum?
Ja, draußen gibt es eine Fassadenarbeit, die hat im Gegensatz zum „Privaten“ im Innern mit dem Gegenteil zu tun, nämlich mit dem Öffentlichen. Im ersten Stock des Gebäudes sind Neonkästen in die Fenster eingebaut, wie man Leuchtreklamen vor Geschäften kennt. Sie sind mit einem Sockel auf dem Vorplatz des Museums verbunden, in den man das Handy einloggen und die eigene Musik abspielen kann. Das Licht der Neonkästen reagiert auf diese Musik und spielt gewissermaßen die Musik und die Lichtversion des Musikstücks ab. Man kann mit dieser Arbeit also etwas Privates wie die eigene Musik öffentlich sichtbar und hörbar machen.

Was haben die Ausstellungsstücke gemeinsam, die Sie ausgewählt haben?
Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, warum man eigene Werke behält. Mal sind es besonders gelungene Arbeiten oder man hat Mitleid mit einer Arbeit. Was sie alle zusammenhält ist, dass man sich als Künstler damit in gewisser Weise identifiziert – es können auch die etwas komischeren Arbeiten sein, die nicht so eingängig sind. Es gibt nicht für alle das gleiche Kriterium. Deshalb ist es ja auch so interessant – weil es eine so unklare Masse ist.

Wenn der Blick des Künstlers auf sich selbst gezeigt wird – was sehen Sie, wenn Sie die Ausstellung betrachten?
Eben genau diesen Blick. Was das ist, muss jeder und jede für sich selbst herausfinden. Aus diesem Grund mache ich es ja. Wenn ich es selber so genau wüsste, könnte ich es ja aufschreiben, dann wäre es eine langweilige Ausstellung. Es geht vielleicht auch um Dinge, die man selbst gar nicht so ganz genau wissen möchte. Es ist ja schon intim genug, dass ich Euch meinen Blick auf mich selbst zeige. (lacht)

Das stimmt natürlich. Was hat es mit dem Titel der Ausstellung «through the back side of my eyes» auf sich?
Es geht ja eben um diesen Blick auf sich selbst, der ein anderer ist als der Blick nach vorn. Wenn man durch die Rückseite der Augen blickt, schaut man sich ja auch selbst an. Es ist eine Art Selbstbespiegelung. Da ist eine gewisse Parallelität, denn weder sammle ich meine eigenen Arbeiten nach strategischen Gesichtspunkten noch sammle ich meine Teekannen strategisch. Ich gehe also in dieser Ausstellung mit Kunst anders um, als ich sie sonst nach außen zeige. Nach außen kuratiere ich viel mehr als ich es nun getan habe. Das Kuratieren wäre die Vorderseite der Augen. Was ich hier zeige, ist viel unstrategischer ausgewählt. Durch die Rückseite der Augen, die ja auch etwas blind ist, habe ich einen unbewussteren Zugriff.

Spannend! In Ihrer Arbeit vermischen sich Kunst, Architektur und Design – was fasziniert Sie an diesem Zusammenspiel?
Ich würde eher sagen, ich benutze Strategien aus anderen Feldern wie Design und Architektur aber nur, um dadurch etwas für die Kunst herauszufinden. Nur weil ich etwas mit einem Stuhl mache, gibt es keine Überlappung mit dem Design – für mich geht es immer um die Frage, was das für die Kunst bedeutet. Mich bewegt zum Beispiel die Frage, warum ein Stuhl keine Skulptur sein kann, warum man Kunst nicht mit geschlossenen Augen erleben kann … es gibt so viele Dinge, die einem erzählt werden und die ich mir auch selbst erzählt habe, von denen ich vermute, dass sie nicht immer richtig sind. Das interessiert mich. Und mein Leidensdruck ist groß genug, um jeden Morgen aufzustehen und an diesen Fragen herumzuschrauben.

Welche Idee oder welches Projekt hat sie zuletzt sehr begeistert?
Ein befreundeter Künstler, Rirkrit Tiravanija, erzählte mir, dass er eine Maschine bauen will, die eine japanische Teezeremonie vollzieht. Die Idee ist, dass man diese idealerweise absolut präzise, immer gleich ablaufende Zeremonie unmenschlich perfektioniert. Die Frage ist, ob in den winzigen Unterschieden der menschlichen Unpräzision nicht das eigentlich Interessante liegt. Man denkt ja immer, die Präzision und Perfektion wären das Ziel der Teezeremonie. Wenn man aber nun eine Maschine hat, die diese Präzision erreicht, dreht sich die Idee um. Das sind die besten Kunstwerke, die so etwas erreichen. Lustigerweise habe ich selbst vor vielen Jahren eine Arbeit gemacht, bei der es genau um diese Fragestellung ging, wahrscheinlich finde ich es deshalb so spannend. Auf die Arbeit freue ich mich schon sehr.

Photos Copyrights: Tobias Rehberger, through the back side of my eyes. GL STRAND, 2023. Photo by David Stjernholm, Portrait: SWATCH

Der Gestalter

Sebastian Marbacher gehört zu einer jungen Garde bedeutender Schweizer Gestalter. Seine Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet und bewegen sich im Spannungsfeld zwischen (Produkte-)Design, Kunst und Architektur.

Er gestaltet Möbel, Produkte und Räume. Dabei sind seine Objekte nahbar, immer alltagstauglich und oft von minimalistischer Linienführung, ohne das Spielerische zu verlieren. Sebastian Marbacher ist ein kreativer Tüftler, ein Ästhet. 1986 in Luzern geboren, absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Konstrukteur, danach folgte sein Studium in Industriedesign an der Zürcher Hochschule der Künste. 2013 gründete er in Zürich das Studio Sebastian Marbacher und arbeitet, neben eigenen Projekten, erfolgreich mit namhaften Unternehmen und Institutionen zusammen. Ein Gespräch über Reduktion, Stühle und die künstlerische Fragestellung.

Sebastian, beginnen wir am Anfang: Welche Erinnerungen wertest du als prägend für deinen kreativen Werdegang?
Vielleicht, dass mein Vater immer eine Werkstatt hatte und oft mit Holz gearbeitet hat. In einem Haus, in dem wir gelebt haben, waren Küche, Werkbank und Feuerstelle in einem Raum. Kochen, gemeinsam am Tisch sitzen und Werken gehören bis heute für mich zusammen.

Apropos zusammensitzen – Stühle sind in deinem Schaffen sehr präsent …
Das hat sich über die Jahre so ergeben. Bei mir stand nie zu Beginn die Idee, einen Stuhl zu entwerfen. Im Verlauf des Suchens komme ich aber immer wieder auf das Thema «sitzen». Stühle haben für mich zudem eine gute Grösse als Objekt. Man kann sie tragen, drehen und in einem erfassen. Diese Einfachheit und Eigenständigkeit von Stühlen hat etwas Spannendes für mich.

Einfachheit als Stichwort – deine Arbeiten sind minimalistisch und doch haben sie etwas Spielerisches an sich …
Mich interessiert tatsächlich Reduktion, aber nicht bis zu dem Punkt, an dem nichts mehr Eigenständiges übrig bleibt. Mich interessiert Reduktion, um das herauszuschälen, was für mich wesentlich erscheint. Klare Linien und stringente Geschichten.

Wie zum Beispiel deine Basic Chairs?
Ja, tatsächlich stand am Anfang die Frage, was braucht es zum Sitzen? Wie minimal darf Sitzfläche und Rückenlehne sein? Zusätzlich reizte mich der Gedanke, eine Geometrie zu finden, die das Stapeln ermöglicht. Der Entwurf hat sich dann über mehrere Prototypen entwickelt.

Ursprünglich Konstrukteur, Maschinenbauzeichner, heute Gestalter und Szenograf – wie hat sich deine Fragestellung über die Jahre verändert und was fordert dich?
Im Maschinenbau sucht man immer die günstigste und einfachste Lösung. Dieses Tüfteln hat mir sehr viel Spass gemacht. Heute aber geht es für mich darum, zuerst einmal komplett aufzumachen. Alles ist möglich und ich arbeite oft am Anfang in sehr vielen verschiedenen Varianten. Das ist eine ganz andere Herausforderung. Was mich interessiert und fasziniert, ist auch die Fragestellung, was ist funktional. Ist die Funktion an erster Stelle oder kann ein Objekt auch zuerst einmal kommunizieren oder sogar irritieren?

Und was macht eine Aufgabe ganz besonders spannend für dich?
Schwierige Frage, ich denke, die Abwechslung und Vielseitigkeit der Projekte ist am wichtigsten. Für mich immer wieder spannende Herausforderungen sind ortsspezifische Projekte. Neue Orte und Menschen und Rahmenbedingungen.

Upcycling von Materialien ist immer wieder Thema bei deinen Objekten. Wie wichtig ist Nachhaltigkeit?
Auf der einen Seite bin ich Gestalter, auf der anderen Konsument. In beiden Rollen treffe ich Entscheidungen, in denen Überlegungen zur Nachhaltigkeit mitschwingen. Zum Beispiel über Materialien, kurze Transportwege oder Produktionsstätten. Der Basic Chair wird für Schweiz und Region in Italien produziert, für ein japanisches Label in Japan selbst.

Im Angesicht des Überflusses – kommt man als Produktgestalter nicht grundsätzlich ins Grübeln?
Neue Produkte zu gestalten, steht natürlich in dieser Kontroverse. Man sieht die Abfallberge und die Dinge, die nicht repariert werden können. Entwickelt man aber ein neues Produkt, das dreimal ressourcen- oder energieschonender hergestellt oder betrieben werden kann, dann ist das ein positiver Schritt.

Kommen wir zu deinem jüngsten Projekt. Man munkelt, es habe zwei Räder?
Richtig. Es ist eine Kollaboration, über die ich aber noch nicht allzu viel verraten darf. Es geht um ein Velo, das die Vorteile von kleinen Rädern mit den Vorteilen eines grossen Gepäckträgers vereint. Ich bin der Überzeugung, dass das «Fahrrad» als Überbegriff noch sehr viel Potenzial bietet, wenn wir unsere Veränderung in der Gesellschaft mit den Innenstädten und vielen Menschen anschauen.

Du arbeitest auch immer wieder mit deiner Partnerin und Textildesignerin Mara Tschudi zusammen. Wie geht das zusammen Leben und Arbeiten als zwei Kreative?
Seit ich Mara kenne, sind wir im Austausch in beide Richtungen. Ihre Farbenwelt spielt eine wichtige Rolle in meinen Projekten. Wir kommen aus verschiedenen Disziplinen und ergänzen uns sehr gut in dem Sinne, weil meine Arbeit sehr analytisch, geplant und hergeleitet ist. Und menschlich ist es extrem wertvoll, dass wir einfach das teilen können und verstehen, worum es bei dem anderen geht.

Zum Abschluss: Wie viele Möbel sind bei euch zu Hause selbst entworfen?
Einige. Und es gibt eine lange Liste mit unverwirklichten Projekten (lacht). Unser Interieur ist eigentlich eine  konstante Baustelle. Für mich ist das auch eine Art Feldforschung ohne den Druck, ein Ergebnis präsentieren zu müssen. Und dieses komplett frei sein kannst du nur, wenn du weisst, dass es auch scheitern darf.

Photos Copyrights: Dominik Zietlow / studio sebastian marbacher

Trend Tic Tac Toe

CELINE
Der einzigartige Stil von Hedi Slimane ist unverkennbar und lässt Sommergefühle aufkommen.
www.celine.com

BOTTEGA VENETA
Dieses It-Piece ist unser absoluter Favorit. Die Sommerdaune ist geflochten und das Grün strahlt Kraft und Energie aus.
www.bottegaveneta.com

SWATCH X JEAN-MICHEL BASQUIAT
Diese limitierte Auflage besteht aus drei Modellen, die seinen ikonischsten Werke nachgeahmt wurden.
www.swatch.com

ACNE
Das T-Shirt passt hervorragend zum bunten After-Beach Drink.
www.acnestudios.com

LOEWE
Hose – für einen Kurztrip bestens geeignet
und zu fast allem toll kombinierbar.
www.loewe.com

RRL
Dieser Cardigan ist kunstvoll und
ein Must-Have-Stück im Sixties-Stil.
www.ralphlauren.eu

Fotos: © STORY MFG, JACQUES MARIE MAGE, LOEWE, CELINE, BOTTEGA VENETA, SWATCH, ACNE, LOEWE, RRL

Copyright is for losers

Weltweit kennt man seinen Namen, wer jedoch hinter dem Streetartkünstler Banksy steckt, wissen wenige. Die, die es wirklich wissen, schweigen. Und er selbst? Er gibt den Menschen Grüne, um über ihn zu reden …

Eine lange Menschenschlange steht vor der Halle 622b in Zürich-Oerlikon. Menschen voller Vorfreude, neugierige Menschen. Denn sie alle wollen sich die aktuelle Ausstellung mit rund 150 Werke, des derzeit teuersten Künstlers der Gegenwart anschauen. Die Rede ist von Banksy. International bekannt als einer der besten Streetart-Künstler der Welt. Und ein Mysterium. Bis heute gibt es nur Spekulationen, wer hinter den Schablonen-Graffitis mit dem riesigen Wiedererkennungswert steckt. Da passt es auch, dass die Ausstellung in Zürich den Titel «The Mystery of Banksy – a genius mind. The unauthorized exhibitation» trägt. Denn wo ein Urheber nicht offiziell auf seine Rechte besteht, da ist das mit der Autorisierung schwierig. Banksy ist ein Phänomen. Eines mit Einfluss.

Ab Tag 1 ein Ausnahmetalent

Er ist eine Ausnahmeerscheinung und seine über Jahrzehnte gewahrte Anonymität potenziert das natürlich noch. Zudem ist er absolut direkt. Seine Kunst zeigt sich stets gesellschaftskritisch – und das ab Tag 1. So tauchten die ersten Werke bereits in den 1990er-Jahren im englischen Bristol auf. Zunächst arbeitete Banksy hier mit anderen Graffiti-Künstlern zusammen. Dann entdeckte er dank seines Künstlerkollegen «3D» die Schablonenkunst. Oder um es mit seinen eigenen Worten aus einem anonym geführten Interview zu sagen: «Als ich etwa zehn Jahre alt war, brachte ein Junge namens 3D als erster die Sprühfarben nach Bristol. Ich bin also damit aufgewachsen, und Graffiti war, was wir alle in der Schule liebten und auf dem Heimweg von der Schule taten.»

In einer Nacht im Jahr 1997 entstand sein erstes grosses Wandbild. Der Titel: «The Mild Mild West». Es handelte sich dabei um ein Bild, auf dem ein gigantischer Teddybär einen Molotow-Cocktail auf drei Polizisten wirft. Die Legende Banksy war erwacht. Und jedem war klar, dieser Künstler versteckt sich zwar hinter einem Pseudonym, aber kaum jemand prangert so offensichtlich Kapitalismus, Gesellschaft, Wirtschaft, Politik, Kulturen an wie er – und die Menschen feiern das, zumindest ein Grossteil. Da beleuchten die ersten Sonnenstrahlen am Morgen plötzlich knutschende Polizisten in Soho, ein Mädchen mit einer Gasmaske in Barcelona oder eine Schere auf einer Grenzmauer in Israel. Zynischer Witz, gepaart mit Humor, wie sein Stil gerne zusammengefasst wird. Und der weltweit Aufmerksamkeit erhält.

Seine Identität ist quasi ein Staatsgeheimnis

Fakt ist, es gibt Menschen, die wissen, wer Banksy ist. Beginnend mit 3D, der übrigens heute unter seinem echten Namen Robert Del Naja Frontmann der Band Massive Attack ist. Fakt ist aber auch, dass all diese Menschen schweigen. Egal ob es sich um seine ersten Wegbegleiter handelt oder aktive Künstler, Musiker und Kreative, die ihn persönlich kennen. Und das lässt vielen Menschen keine Ruhe. So hat unter anderem die Daily Mail umfassende Recherchen angestellt, wer hinter dem Pseudonym steckt. Darauf aufbauend haben Wissenschaftler der Queen Mary University in London forensische und statische Methoden genutzt, um Banksy auf die Schliche zu kommen. Methoden übrigens, die eigentlich nur bei der Suche nach Serienkillern und Serienstraftätern zum Einsatz kommen.

Sowohl Daily Mail wie auch die universitären Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass es sich bei Banksy um den britischen Künstler Robin Gunningham handelt. Davon will Gunningham selbst jedoch nichts wissen. Andere gehen davon aus, dass 3D hinter Banksy steckt, auch hier wurden diverse verschiedene Abgleiche gemacht, wenn es darum ging, wo die
Band auftrat und an welchen Orten neue Bilder auftauchten. Im Jahr 2003 gab Banksy zudem dem ITV News-Korrespondenten Haig Gordon ein Interview. Mit Baseballcap und einem T-Shirt über Nase und Mund sagt er unter anderem in den 35 Sekunden seines Auftritts: «Ich bin verhüllt, weil du nicht wirklich ein Graffiti-Writer sein und dann in die Öffentlichkeit gehen kannst.» Und Gordon selbst beteuert, dass er zwar sein Gesicht gesehen habe, sich aber nicht erinnern könne.

Eigensinnig und dennoch im Sinne der Gemeinschaft

Was Banksy von kommerzieller Kunst hält, lässt sich vermuten. Auf der anderen Seite aber zeigt er es auch mehr als deutlich. Beginnend damit, dass er auf seine Urheberrechte verzichtet, über die Aussage «Copyright is for losers», bis hin zu dem Tag, an dem er eines seiner bekanntesten Werke nach Abgabe des Höchstgebots zerstörte. Kaum war für das «Girl with Ballon» bei einem Betrag von 1,2 Millionen Euro der Hammer bei Sotheby’s gefallen, begann ein im Bild eingebauter Schredder, das Werk zu vernichten. Da es technische Probleme gab, wurde es final nur bis zur Hälfte in seine Einzelteile zerlegt. Der Fun-Fakt: Drei Jahre nach dem Vorfall kam das halb zerstörte Bild unter dem neuen Titel «Love is in the Bin» erneut unter den Hammer. Und fand für 18,9 Millionen Euro einen neuen Besitzer. Sicher bleibt wegen der fehlenden Urheber- oder übertragenden Besitzrechte nicht jeder Erlös bei Banksy hängen. Dennoch verdient er gut. Und er wäre nicht Banksy, wenn er das nicht in seiner Gesinnung zu nutzen wüsste. So liess er zum Beispiel sein Gemälde «Game Changer» im Mai 2020 exklusiv in einem Krankenhaus in Southampton aufhängen und anschliessend zugunsten des National Health Services im Zuge der Covid-Pandemie versteigern. Mit 19,5 Millionen Euro wurde damals der bislang höchste Preis für ein Banksy-Gemälde erzielt. Zudem ist der Künstler auch Finanziator und Initiator des Seenotrettungsschiffs «Louise Michel». Dieses trägt seine Zeichnungen und dient zur Rettung Geflüchteter, die versuchen, mittels Schlauchbooten das Mittelmeer zu überqueren, und in Not geraten.

Und es geht weiter …

Banksy dürfte mittlerweile Ende 40, rund 50 Jahre alt sein, so wird es vermutet. Dass in den kommenden Jahren also neue Überraschungen in seinem Namen auf die Menschen warten, dürfte sicher sein. Dass er irgendwann einmal doch seine Nase in eine Kamera hält und seine Identität verrät, ist eher ungewiss. Und genau das ist doch eigentlich in Zeiten, in denen Menschen ihr Leben, ihre Lieben auf sämtlichen sozialen Kanälen verkaufen, auch schöne Sache. Die Wartenden in Oerlikon stimmten dem übrigens im Kollektiv zu.

Bilder: Dominik Gruss, Getty Images

Zeitloses Jetzt

Klarheit, Kontemplation, Klasse – das zeichnet die Werke des belgischen Designers und Architekten Vincent van Duysen aus. Möbel entwirft der 61-jährige ebenso wie Design-Hotels, stilvolle Offices oder Räume für Kim Kardashian.

Welches Thema treibt Sie zur Zeit um?
Ich interessiere mich für das Wohlbefinden der Menschen im Allgemeinen und für eine generelle Gelassenheit auf der Welt. Mir ist daran gelegen, etwas beizutragen dazu. Das tue ich, indem ich zuerst verstehe, wie Menschen in ihren Häusern leben, ihr Zuhause, ihre Räume bewohnen. Diese Erkenntnisse lasse ich in meine Werke einfliessen.

Wollten Sie immer schon Architekt werden?
Als ich Kind war, führten mich meine Eltern an viele verschiedene Künste heran, das war der entscheidende Einfluss und der Grundstein für meine Wertschätzung und mein Verständnis von Schönheit. Sie förderten auch von klein auf ein natürliches Talent für Kreativität in mir. Für die Architektur habe ich mich entschieden, weil sie so viele Aspekte aller angewandten Künste abdeckt und somit ein Allround-Studiengang ist. Es hätte aber auch Fotografie, Kino, Mode oder ähnliches werden können. Architektur gab und gibt mir die Möglichkeit, meine Kreativität auf unterschiedlichste Weise auszudrücken und damit zur Lebenskunst beizutragen.

Sie leben und arbeiten in Antwerpen, was fasziniert Sie an der Stadt?
Antwerpen ist sehr kosmopolitisch, vor allem was die Kunst, das Handwerk und die Kultur betrifft. Die Stadt bietet eine enorme Bandbreite an Kreativität, vom Theater über Performance, Tanz, Mode bis zur Architektur, an der sich viele beteiligen, aber auf unterschiedliche und einzigartige Art und Weise. Antwerpen ist mein Zuhause, es beeinflusst, «kontaminiert» mich in gewisser Weise, aber gleichzeitig ist es eines meiner beiden Zuhause, in dem ich auch auftanken kann und mich geschützt fühle.

Was lieben Sie an Ihrer Arbeit?
Es gibt viele Aspekte, die ich an meinem Beruf mag. Zum einen, dass ich in erster Linie für Menschen arbeite, um ihr Leben auf organische und zeitlose Weise zu verbessern. Mir gefällt auch, dass mein Beruf mir die Möglichkeit gibt, meine Kreativität zu nähren, und die Fähigkeit, ohne Zwänge auf Veränderungen zu reagieren. Ich liebe es auch, wie ein Schwamm die unterschiedlichsten Disziplinen aufzusaugen. Alles hat das Potenzial, mich zu inspirieren: ein Dokumentarfilm auf YouTube, ein Bild von jemandem, dem ich auf Instagram folge, ein Buch, ein Kunstwerk, alle Arten von visuellen Reizen, Bücher, Galerien, Filme … Alles läuft durch den Filter meiner Empathie und meiner Vorstellungskraft – und daraus schöpfe und kreiere ich.

Aber ich bin nur dann optimal kreativ, wenn ich von Menschen umgeben bin. Ich glaube, das tägliche Leben, die täglichen Begegnungen sind es, die mich am meisten inspirieren. Und meine Reisen. Und mein Team!

Wie haucht man einem Raum Seele ein?
Seit Beginn meiner beruflichen Laufbahn – vor nunmehr 30 Jahren – war es immer das Wichtigste, die Architektur als einen Beruf zu betrachten, der dem Menschen gewidmet ist. Das bedeutet, dass Bewohner eines Ortes, einer Architektur, eines Innenraums sich geschützt und entspannt fühlen müssen. Das bezieht sich auch auf die Möbel und Gegenstände um sie herum, die sie für ein komfortables und glückliches Leben brauchen. Ich verleihe einer Umgebung oder einem Raum Seele, indem ich Taktilität, Zeitlosigkeit, Organik, Textur, Gelassenheit, Komfort, natürliche Materialien, Licht und exquisite Handwerkskunst einfliessen lasse.

In solch einem Raum fühlen sich die Menschen dann …?
Zu Hause. Sie fühlen sich wohl, geschützt, inspiriert. Bei meiner Arbeit steht der Mensch im Mittelpunkt. Deshalb entwerfe oder plane ich in erster Linie für den Menschen, für sein Wohlbefinden, für seine Gelassenheit und Ruhe.

Haben Sie ein Lieblingsprojekt aus Ihrem Portfolio?
Jedes Projekt ist bezüglich Kontext, Ort, Verbindungen, Nutzung und Aufgabenstellung anders, sodass es schwierig ist, einige zu bevorzugen. Ausserdem berücksichtige ich beim Entwerfen immer ein Narrativ und in diesem Sinne sind meine Projekte eine Sequenz eines umfassenderen «grossen Bildes». Dennoch gibt es einige Schlüsselprojekte, die mir in den Sinn kommen, weil man immer eine emotionale Verbindung schafft – wie etwa bei der Casa M, meinem Urlaubsdomizil in Portugal.

Wie betrachten Sie den Trend zu Farbe und Opulenz im Interior Bereich?
Ich folge keinen Trends, ich versuche immer, mir selbst treu zu bleiben, indem ich den Kunden an die erste Stelle setze und Räume, Gebäude oder Objekte schaffe, die das Leben der Menschen verbessern.

Wie arbeiten Sie am besten?
Mein Designprozess ist konstant, ich entwerfe immer in meinem Kopf – nie vor einer «leeren Leinwand». Ich bin gerne so aufmerksam wie möglich und habe einen stark visuellen Ansatz. Ich setze mich regelmässig mit meinem Team zusammen und diskutiere Ideen und Richtungen, um eine gemeinsame Vision zu erreichen. Meine ständige Inspiration kommt von Reisen, Gesprächen, Ausstellungen, Menschen und dem täglichen Leben.

Womit sind Sie zur Zeit beschäftigt?
Mit vielen Projekte parallel … Residenzen in Asien, Belgien, USA, Berlin, Projekte für Molteni&C | Dada, Zara Home, Flos, Hospitality Projekte in Portugal, zu viele. Kurzum, zu viele, um sie alle aufzuzählen.

Gibt es neben all dem noch ein «dream come true»-Projekt?
Nichts Spezielles, aber im Allgemeinen möchte ich weiterhin neue Architekturen, Produkte und Innenräume entwerfen und gestalten und auf organische Weise etwas für die Menschheit schaffen, zeitlose Objekte kreieren. Ich möchte mehr reisen. In Ländern bauen können, in denen ich noch nicht war. Ich hoffe nur, dass wir nicht zu viel bauen und produzieren werden, denn wir müssen uns um die Welt kümmern und mehr in zeitlosen Strukturen und Objekten denken. Im Hinblick auf künftige Unternehmungen macht es mir generell viel Freude, jedes Projekt als Chance zu betrachten, neue oder unerwartete Ideen auszuprobieren. In meinem Kopf entwerfe ich ständig. Diesen roten Faden, der sich durch meine Arbeit zieht, immer wieder zu erneuern und weiterzuentwickeln, ist eine willkommene Herausforderung. Ich freue mich darauf, meine Kunden zu überraschen und jedem Projekt ein Gefühl von Integrität und Individualität zu verleihen. Gleichzeitig möchte ich mit Menschen zusammenarbeiten, die mich herausfordern, mit denen ich eine kreative Chemie und eine starke Interaktion habe. Ich arbeite gerne mit Menschen und Kunden zusammen, die mich aus meiner Komfortzone herausholen.

„Mein Designprozess ist konstant, ich entwerfe immer in meinem Kopf – nie vor einer ,leeren Leinwand‘.“

Photos Copyrights: Piet Albert Goethals, Mark Seelen, Alberto Piovano, Hélène Binet,  Max Zambelli, Matthieu Salvaing, Vincent Van Duysen, Koen Van Damme

Review «neue räume 22»

FRITZHANSEN,Series7 ©FritzHansen

Nach einer unfreiwilligen Pause fand jüngst die Interior-Design-Ausstellung «neue räume» zum 11. Mal wieder statt. Rund 100 Aussteller kamen in der alten ABB-Halle in Zürich Oerlikon zusammen, um Wohntrends, Produktneuheiten und Designobjekte zu präsentieren.

Die etablierte Design-Messe gilt über die Grenzen der Schweiz hinaus als wichtige Präsentationsfläche und bedeutsamer Treffpunkt für das «Who is Who» der Möbelszene sowie für Design-Liebhaber. Als zusätzlicher Glanzpunkt zu den innovativen Herstellern aus dem In- und Ausland mit deren Produktneuheiten zeigt die «neue räume» traditionell in verschiedenen Sonderschauen aktuelle und kommende Wohntrends. Nebst einem spannenden Veranstaltungsprogramm, interessanten Produktneuheiten sowie kulinarischen Entdeckungen kehrte die Designwelt wieder zurück auf die Bühne in Zürich. 

VIFIAN MÖBELWERKSTÄTTE AG, Das modulare Aufbewahrungssystem TriobyMiaKepenek,BlackEdition ©MiaKepenek

Bunt und radikal

Eine der diesjährigen Sonderschauen war die Ausstellung «Frauen im Design». Dort wurden bekannte Möbel und Objekte von Designerinnen, welche sich seit Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts bis in die Gegenwart mit ihren Entwürfen einen Namen gemacht haben, präsentiert. Darüber hinaus hat der Verein «mobiglias – Handwerkskunst aus Graubünden» in einem Design-Wettbewerb Möbel und Objekte gesucht, die einen Bezug zu Graubünden haben und zudem handwerklich hergestellt wurden und vorzugsweise aus einheimischen Materialien bestehen. Die Mitglieder von «mobiglias» haben die Siegerarbeiten als Prototypen angefertigt und diese erstmals an der Sonderschau präsentiert. Wie erhofft – und erwartet – waren auch dieses Jahr die weltweit renommiertesten Möbelhersteller vertreten. Nach dem Credo «Wohnen ist da, wo wir uns wohl fühlen», begeisterte die (möglicherweise noch nicht weltweit) bekannte Schweizer Möbelwerkstätte «Vifian» aus Schwarzenburg mit dem stilvollen Garderobenmöbel «trio», das durch seine sensible Optik ebenso wie durch seine Vielseitigkeit besticht. Modular, mutig und multidimensional! Für poppige Aufmerksamkeit sorgten gewiss die beiden Marken «Gufram» und «Memphis Milano», die nun auch Teil von «Italian Radical Design» sind. Die neu ernannte Gruppe, wurde mit dem Ziel gegründet, italienische Designmarken zu stärken, welche sich durch einen unverwechselbaren und nonkonformistischen Ansatz auszeichnen. In der Schweiz stellten die beiden Labels nun erstmals gemeinsam bei «neue räume 22» aus und zwischen den vorwiegend farblich dezenteren Möbelobjekte auf der Ausstellung war die bunte Möbelwelt der Italiener unübersehbar. Fritz Hansen war erfreulicherweise auch dabei, diesmal mit einer Auswahl an kuscheligen Loungesesseln und natürlich dürfte Tom Dixon ebenfalls nicht fehlen, der dieses Jahr 20-jähriges Bestehen feiert sowie
Magis, Minotti, wb form, Skagerak, ClassiCon oder embru, um nur einige zu nennen.

OREA, Caminada © A. Herger

©ConstantinMeyer

Très chic in der Waschküche

Nebst Möbeln und Objekte gab es auch aus der Schweizer Textil- und Waschwelt Spannendes zu sehen. Etwa das Unternehmen Christian Fischbacher, das seit über 200 Jahren sinnliche und ästhetisch herausragende Heimtextilien herstellt. Zusammen mit der Architektin und Designerin Hadi Teherani wurde nun die gemeinsame «Contemporary Persia Collection» um zwei handgetuftete Teppichmodelle erweitert. Die Muster und Farben sind inspiriert von Designs aus dem Iran und kombinieren feinste Merinowolle mit schimmernder Seide und Bambus. Dass Wäschewaschen auch chic sein kann, bewies das Unternehmen Schulthess mit einem eleganten Waschturm, der sich nicht in der dunklen Wäschekammer verstecken muss. Und dass auch Kochen mit Design verbunden ist, belegte der spezielle Programmpunkt «Orea meets Caminada». Der mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnete Koch Andreas Caminada kreierte in Kooperation mit David Spielhofer die Kücheninsel «Orea AC». Orea plant Küchen als Herzensangelegenheit, die Küche soll inspirieren und zum Selbstkochen animieren. Moderiert von Anna Maier präsentierte Andreas Caminada das zeitlose Design mit seiner faszinierenden Materialisierung. 

CHRISTIAN FISCHBACHER, Contemporary Persia Moodboard © Jonas von der Hude

GUFRAM, Sofa Bocca Another green cactus © Gufram

GUFRAM, Magritta series © Gufram

CHRISTIAN FISCHBACHER, Contemporary Persia Collection, Teppich Afsun © Christian Fischbacher

Poesie der Fragmentierung

Wallace Chan auf der Kunst Biennale in Venedig

Ob filigrane, opulente Schmuckstücke aus Edelsteinen oder monumentale Skulpturen aus Titan – die Arbeiten des Chinesischen Künstlers Wallace Chan bringen immer auch seine buddhistische Philosophie zum Ausdruck. In Venedig ist seine Ausstellung „TOTEM“ im Kontext der 59. Kunst Biennale zu sehen. Wir trafen ihn zum exklusiven Interview in der Lagunenstadt. 

Bettina Krause: Was ist die Idee dieser Ausstellung?
Wallace Chan: Es sind die Fragmente einer zehn Meter grossen Skulptur, durch die sich die Besucher*innen bewegen. Thema ist die Ungewissheit – im abgedunkelten Ausstellungsraum ist kaum zu erkennen, wie sich die Fragmente wieder zusammenfügen lassen. In der Regel betrachtet man Skulpturen aus der Distanz als Ganzes, bewegt sich um sie herum und das Innere bleibt verborgen. Diese Idee wollte ich öffnen, sodass Betrachter*innen das Innere der Skulptur sehen können und zum Teil von ihr werden. Sie bewegen sich durch die Fragmente, die ich Totems nenne, gehen eine Bindung mit ihnen ein und erlangen immer wieder überraschende, ungewisse Perspektiven.

Dieser Gedanke steht sinnbildlich für unsere Weltordnung?
Richtig. Derzeit leben wir in sehr ungewissen Zeiten aber meine Hoffnung ist, dass sich die Fragmente der
Skulptur – und jene unsere Welt – wieder zu einem heilen Ganzen zusammenfügen lassen. Damit sich der Prozess der Konstruktion, Dekonstruktion und Rekonstruktion vervollständigt.

Blicken Sie also positiv in die Zukunft?
Derzeit wartet unsere Welt darauf, wieder repariert zu werden. Ich glaube, dass die Welt und wir als Menschen, die Kraft haben, selbst zu heilen. Wir müssen daran jedoch arbeiten. Die Ausstellung ist ein Sinnbild dieser Zusammenhänge und wird an unterschiedlichen Orten weltweit dekonstruiert und rekonstruiert. Im aktuellen Zustand erinnert sie an die Kraft und Möglichkeit, zu heilen und zurück zur Balance zu finden.

Was drückt der Titel „TOTEM“ aus?
Die Idee eines Totems ist unser Versuch als Menschen, eine Verbindung mit dem Unbekannten herzustellen. Zugleich ist es unsere Hoffnung auf etwas Grösseres ausserhalb unserer Realität. Zu meinen frühesten Kindheitserinnerungen gehören die kunstvollen Schnitzereien von Drachen, Phoenix und wundersamen Kreaturen an chinesischen Tempeln. Der Glaube besagt, dass man mit den Göttern verbunden ist, weil die Figuren in die Tempel geschnitzt sind. Die Idee des Totems ist unser Versuch, in die uns unbekannte Welt, in das Ungewisse vorzudringen.

Was können Besucher*innen aus der Ausstellung für sich mitnehmen?
Es geht darum, über den Prozess der Dekonstruktion und Rekonstruktion unseres Selbst zu reflektieren: Was ist unser Selbst? Was macht uns zu dem, was wir sind? Sind wir die, die wir zu glauben scheinen oder sind wir von der Gesellschaft geformte Wesen? Wir leben in einer Zeit des Informationsüberflusses und werden bombardiert mit Informationen. Manchmal denken wir, dies wäre ein Teil von uns, weil wir die Informationen ungefiltert in uns aufnehmen, ohne über unsere eigene Existenz zu reflektieren. Ich denke, dies ist ein guter Ort zur Kontemplation und um über die Idee des eigenen Selbst zu reflektieren – woher es kommt und wohin es geht.

Kann Kunst einen Beitrag leisten, die Krisen unserer Zeit zu bewältigen?
Ja, denn die Kunst hat die Kraft, uns zu helfen, zu transzendieren. Was wir auch derzeit in der physischen Welt erleben – sie gibt uns die Möglichkeit, von etwas Besserem, Höheren, Schönen, Gütevollerem zu träumen. Ich glaube an die Kraft der Kunst und ich kann mir eine Welt ohne sie nicht vorstellen. Ohne Kunst gibt es keine Hoffnung. 

TOTEM by Wallace Chan
20. April bis 23. Oktober 2022
Fondaco Marcello
Calle del Tragheto, Venedig

Photos Copyrights:  Massimo Pistore